Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 15. Dezember 1940
15. Dezember 1940
Meine liebe Elsbeth!
Zur Begrüßung zuerst mal einen kräftigen, frischen und frohen Kuß. Kräftig deshalb, weil wir uns so heftig lieben, frisch, weil der Brief am Morgen geschrieben ist und froh, weil ich so froh bin, daß ich Euch beide habe und „wahrscheinlich" die Feiertage über bei Euch bin. Dank auch für den lieben Brief. Daß alle Deine Wiege so bewundert haben, ist richtig. Sie hätten aber auch mal etwas anderes sagen sollen. An den Hals gesprungen wäre ich ihnen. Denn was mein Frauchen macht, das ist gemacht. Und das mit dem Maler ist auch richtig. Es ist doch klar, daß einem, was man selber macht, besser gefällt, als die Arbeit eines Anderen. (Ist die Wiege eigentlich so groß, daß man sie später mal zu einem „anderen Zweck" gebrauchen kann?) Gestern habe ich eine schwere Arbeit hinter mich gebracht. 12 Briefe habe ich geschrieben.
Denn meine Privatpost war derartig aufgelaufen, daß ich die unerledigte Post nicht länger mit ansehn konnte. Da mußte ich schreiben an Mattes, an die Eltern, an Hubert, Klaus, Seckelmann, Düwel, an meine kleine „unbekannte Freundin Ferdinande" usw.
Wie ist das eigentlich mit Deinem Pflichtjahrmädchen geworden?
Ich habe eine neue „Leidenschaft"! - Klotzfieber, so nennt man nämlich Billardspielen. Wenn ich mal gerade zwischendurch eine halbe Stunde Zeit habe, gehe ich nebenan zur Kantine und spiele etwas.
Mergen wird ja wohl inzwischen bei Dir gewesen sein. Hoffentlich gefällt Dir der Mantel, bezw. das Material.
Aber wenn es Dir nicht gefallen sollte, schreibe es mir offen, wie es Liesel [Liesel und Hein, Freunde] tut.
So, nun liebe Elsbeth, erwidere ich all das Liebe und Gute aus Deinem letzten Brief und halte Dich ganz fest an mich. Ich küsse Dich ganz innig auf Deinen schönen, lieben Mund und auf Deine liebe Brust und bin immer Dein getreuer
Hannes