Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 13. Februar 1941
13. Februar 1941
Meine liebe Elsbeth!
Zur Begrüßung einen herzlichen Kuß. Heute ist allerhand los hier. Mathieu fährt heute Abend in Urlaub. Kassenübergabe (von der ich weiter nicht sprechen will — Du weißt, es ist seine Schwäche) usw. lassen einen nicht aufatmen. Der Chef ist sehr nett.
Am Samstag geht wieder die Impferei los. Das wird bei Manchem wieder bös. Manchmal die stärksten Männer kippen dabei um. Wenn auch nicht immer bei der ersten kleinen Spritze, aber wenn nachher die dritte oder vierte kommt, ist es immer „nett“. Ich will mich aber diesmal nicht gern vorbeidrücken, denn wer weiß, wofür es im Frühjahr gut sein kann.
Ich weiß nicht, ich bin noch so angefüllt mit Urlaubsgedanken, daß ich gar nicht viel anderes schreiben kann. Und so kommen denn Dinge heraus, die Dich vielleicht gar nicht interessieren oder gar „langweilen[“]. Oder soll ich noch einmal sagen, wie schön es war, und wie gut Du warst und Dorotheechen so lieb? Und so lecker hast Du immer
gekocht – sogar Sauerbraten, daß mir jetzt noch das Wasser im Munde zusammenläuft, wenn ich nur daran denke.
Aber am ersten Tag hatte ich auch ein leckeres Essen hier. Es gab Erbsensuppe und wir hatten dazu von der Küche zu 4 Mann 2 leckere Schweinefüßchen geerbt. Dafür gabs aber am 2. Tag Graupen, heute „Sauerkrautsuppe“ und morgen Reissuppe. Nun kannst Du Dir denken, daß einem bei dem Gedanken an die „schmale“ Kost (s. Müller) in der Heimat, von Frauchens lieber Hand zubereitet, tatsächlich die Kinnbacken wässerig werden.
Ade, Blumenkohl, ade gefrorene Erbsen, Bratkartoffeln, Rotkohl, Rumpsteak mit viiiiieeel Zwiebeln, Kompott, Braten, Kartoffel- und Heringsalat. Ich meine, ich sähe das auf einem Klumpen vor mir und ich müsse mich wie im Schlaraffenland dadurch fressen. Denke aber ja nicht, daß ich Hunger leide. Aber man kann ja nicht für Hunderte von Mägen die gewünschten Leibgerichte servieren. Wer hungert ist schluchig [verwöhnt].
Aber nun genug der lukullischen Unterhaltung, sonst sieht es nachher noch so aus, als ob ich nur deshalb „zur Feder gegriffen“ hätte.
Ich gebe Dir nun nochmal viele Küsse und denke mich ganz nahe bei Dir. Ich bin immer Dein getreuer Hannes