Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 22. März 1941
22. März 1941
Meine liebe, liebe Elsbeth!
Vorerst einen Gruß und herzlichen Kuß. Nun wird doch auch bald Dein erster Brief hier eintreffen. Ich warte schon drauf.
Nun laufe ich hier als Spieß herum, trage die „berüchtigten und gefürchteten“ Litzen an den Ärmeln und laufe von morgens bis abends in den Unterkünften, Ställen, in der Küche, der Kammer usw. herum. Zuerst hatte ich doch etwas Lampenfieber. Noch niemals habe ich eine Gruppe oder kleines Kommando kommandiert und nun direkt als Anfang stehe ich morgens vor der ganzen Kompanie und lasse meine „schmetternden Kommandos“ ertönen. Ein etwas eigenartiges Gefühl. Auch muß ich Appelle abhalten. Für heute abend bereite ich einen großen Kameradschaftsabend anläßlich des Tages der Wehrmacht vor.
Ich gebe 300 Liter Freibier und 50 Flaschen Freisekt aus. (Nicht aber, daß Du annimmst, aus meiner Tasche, sondern aus Kantinenmitteln.) Es werden Humoristen, Sänger, Ringer und Komiker auftreten. Der Saal, heute morgen fast noch ein Stall, ist jetzt am Nachmittag gesäubert,dekoriert, mit
Tischen und Stühlen versehen, 2 große Öfen aufgestellt, Brand herbeigeschafft, verdunkelt, mit elektr. Licht versehen usw. Eine Arbeit, die in der Heimat, den Handwerkern übertragen, einen Monat gedauert hätte, ist mit 30 Mann in einem Tage geschafft worden. Der Chef hat sich auch lobend ausgedrückt. Ich bin einmal gespannt, wie es heute abend wird. Sprechen muß ich doch auch schon mal hin und wieder und Du weißt, das ist meine „Stärke“ (denke nur an Hubert’s Hochzeit). Aber nur keine Bange.
Habe ich Dir geschrieben, daß einem jungen Kam jungverheirateten Kameraden von mir in Köln die Wohnung kaputt „gebombt“ ist worden. Seine Frau und das 3 Monate alte Kind haben lediglich ihr Leben und das, was sie auf dem Leibe trugen, retten können. Aber auch alles, Möbel, Wäsche usw., alles ist ausgebrannt. Nun ist die Frau mit dem Kleinen in einem Mütterheim untergebracht worden. Am 4. Tag hat sie nun, ich glaube, ihre Schwiegereltern mit dem Kind besucht und über Nacht ist sie ausgeblieben. Als sie am andern Morgen zum Mütterheim zurückwollte, brannte das auch. Die Frau muß ganz durcheinander sein. Der Mann kann aber hier nicht weg.
Aber nun des Traurigen genug. Ich küsse Dich ganz innig auf Deinen lieben Mund und auch Dorotheechen gebe ich ein herziges Küßchen. Dein getreuer Hannes.
Nächste Woche komme ich hier vielleicht zum Kommunizieren.