Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 1. April 1941

1. 4. 41

Liebe Elsbeth!

Nun sind wir schon 15 Stunden auf der Fahrt und immer wissen wir noch nicht, wo es hin geht. Zum ersten Mal habe ich das nun als Spieß mitgemacht und gesehen, was dies eine Arbeit ist, bis mal alles abgewickelt, aufgeladen und verladen ist. Vorher Appelle, Appelle, Appelle. Bei den Appellen ist es [am] schlimmsten, wenn ich einen alten Kameraden anschnauzen oder zurechtweisen muß. Tue ich es aber nicht, sind einem die Leute in drei Tagen so über den Kopf gewachsen, daß man schließlich nur noch einen Sauhaufen hat. Einer Anzahl Männern mußte ich Ausgehverbot erteilen, die schlimmste Strafe, die es für die Leute gab. Jetzt kann ich mir auch vorstellen wie „gut gelitten“ die Mutter der Kompanie sein kann.

Jetzt habe ich auch das Buch vom Chef bekommen mit einer ganz kurzen, aber sehr schönen Widmung. Als ich mich bedankte, sagte er: „Nichts zu danken, ich habe nur das geschrieben was ich auch denke.“

Der Transportzug ist ein unheimlich langes Ding und wir rollen mit einer Langsamkeit durch die Gegend. Diese Nacht habe ich verhältnismäßig gut geschlafen. Ich bin in einem 3. Klasse-Wagen untergebracht. Sonst ist die Mannschaft in Viehwagen mit Stroh untergebracht.

Eben haben wir Düren passiert. Vielleicht kann ich den Brief in Köln abgeben an einen, der ihn in den Kasten steckt.

Ich muß Dir wieder sagen, wie lieb ich Dich habe. Ich küsse Dich recht oft und innig auf Deinen lieben, lieben Mund und bin immer Dein ganz getreuer Hannes.