Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 8. April 1941
8. April 1941
Meine liebe, liebe Elsbeth!
Nun seit langem der erste Brief. 72 Stunden haben wir auf der Bahn gelegen. Und nun liegen wir in einem winzigen Dörfchen von vielleicht 10 Bauernhäusern.
Zuerst, ehe ichs vergesse, Gruß an Otto. Mit unseren französischen Likören ist es nun Essig. Ebenfalls mit dem billigen Bier. Aber das ist ja schließlich nicht das Wesentliche. Oder doch? Wie hast Du die postlosen Tage denn herumgekriegt? Hast sicher lange vergeblich auf Post von Deinem Mannchen gewartet. Aber bis jetzt konntest Du keine bekommen.
Und nun haben wir am Sonntag wieder Ostern. Weißt Du noch vor einem Jahr in Weinsheim?
Was ist seitdem alles passiert? Zuerst nach Detmold, dann der Krieg in Frankreich und jetzt hier. Es ist aber Ich sehe gesund und frisch aus. Die frische Luft tagsüber tut mir gut. Ich habe dadurch auch immer „guten Appetit“.
Heute fahren schon die ersten Urlauber wieder. Und gleich will ich diesen Brief jemand mitgeben. Ich sage Dir noch einmal schnell, wie lieb, wie schrecklich gern ich Dich habe und küsse Dich tausend-
mal, daß es mir ordentlich warm wird. Denn es ist hier mörderisch kalt.
Nachts sinkt das Thermometer bis auf 10 Grad unter Null. Schnee und Eis ist hier noch. Aber, das kann doch einen Seemann nicht erschüttern. Stiefel werden beim Tauwetter überhaupt nicht trocken, noch nicht mal nachts. Autos bleiben stecken. Also alles in Allem — „es ist sehr schön hier“. Aber wir bauen schon wieder frisch weg Unterkünfte.
Und nun wünsche ich Dir und Dorotheechen ein recht frohes und schönes Osterfest und ich bin immer Dein getreuer Hannes.