Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 29. April 1941
29. April 1941
Meine liebe, gute Elsbeth!
Heute kam Dein Vollkornbrot an und zwei Briefe. Herzlichen Dank dafür.
Das mit dem Unglück in Dollendorf ist ja traurig. Ich stelle mir das grauenhaft vor, daß, als der Mann aus in Urlaub zurückkam, seine Familie tot ist. Aber das ist der Krieg, der den einzelnen oft hart schlägt, das aber im Verhältnis zu den bisherigen großartigen Erfolgen nicht ins Gewicht schlägt. Wenn ich bedenke, in anderthalb Jahren Polen, Norwegen, Holland, Belgien, Frankreich, Jugoslawien, Griechenland und jetzt in Afrika – ohne die vielen Bündnisse mit anderen Ländern gerechnet – dann erfaßt einen doch eine Bewunderung für die militärische Führung Deutschlands und das Herz füllt sich mit Stolz.
Heute bekam ich auch das Osterpäckchen von meinen Eltern.
Eben wurde unser Sanitäter von Privatleuten angefordert. Ein vierjähriges Kind ist in einer Pferdeschwemme ertrunken. Es war nichts mehr zu machen.
Der Bruder dieses Kindes ist schon viermal in diesen Weiher gefallen und hat jedesmal den Hintern versohlt bekommen. Und nun war er mit seinem
Schwesterchen zusammen an den Weiher gegangen und als die Kleine nun hereinfiel, hat er aus Angst vor weiterer Prügel seinen Eltern nichts gesagt, bis man die Kleine fand. Also, paß gut auf, wenn Du mit Dorotheechen in den Kurpark gehst.
Und nun sage ich Dir noch einmal, wie sehr, sehr lieb ich Dich habe. Ich küsse Dich undDorotheechen ganz herzlich und bin immer Euer getreuer Hannes und Vati.