Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 7. Mai 1941

7. Mai 1941

Meine liebe, gute Elsbeth!

Zwei Tage habe ich jetzt keine Post von Dir bekommen. Anscheinend ist wieder eine Stockung eingetreten bei der Feldpost.

Gestern bin ich wieder geritten. Es ist einfach herrlich und das einzige Vergnügen, was man hier so hat. Es ging wieder durch den Wald und durch Wiesen und Felder. Viele Rehe und großes Damwild sahen wir. Es war wieder einfach fabelhaft.

Sonst ist hier kaum etwas Neues. Alles geht seinen Gang. Ich bin von morgens bis abends in Bewegung. Ich mußte mir schon ein neues Koppel zulegen, da mir das alte noch im letzten Loch zu weit geworden war. Wenn mein Bäuchlein weiter so abnimmt, nähere ich mich immer mehr der schönen, schlanken Adonisfigur. Sollst mal sehen, wenn ich wieder nach Hause komme, bist Du noch verliebter in mich, als bisher. Wenn nur das, was ich abnehme bei Dir ansetzen könnte. Wie ist das eigentlich mit Deiner Schilddrüse geworden. Hat der Arzt nun etwas Positives dagegen unternommen?

Was macht Dorotheechens Däumchen. Steckt es abends noch immer im Mund?

Es ist doch nun noch nicht lange seit meinem letzten Urlaub her, aber ich meine, es wäre schon ein halbes Jahr verflossen. Das kommt aber wahrscheinlich durch das Viele, was dazwischenliegt: Fertigmachen zum Abmarsch, dann der Transport mit Ver- und Ausladen, Einrücken und Belegen der neuen Unterkunft. Einrichten, wieder Umzug in die neu erstellten Quartiere, das Spießtun usw.

Es ist ein Leben wie in einem Bienenhaus.

Wie schickt sich jetzt Hilde? Daß Du aber selbst Wäsche halten willst, will mir nicht in den Kopf. Kannst Du denn nicht wenigstens eine Waschfrau besorgen. Vielleicht weiß Hilde’s Mutter eine.

So, nun küsse ich Dich zum Schluß ganz, ganz herzlich auf Deinen lieben Mund. Ich halte Dich fest lieb und bin immer Dein getreuer Hannes.