Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 29. November 1941

Meiner lieben Elsbeth zu Weihnachten 1941

Vor Tischwin . . .

bezog ich Quartier in einem der alten, üblichen, ärmlichen Häuser. Die Frau des Hauses, eine typische Asiatin, sah unserem Kommen angstvoll entgegen; sie trug dabei ein kleines Mädchen von 9 Monaten auf dem Arm. Es war ein so liebes kleines Wesen, das mich so sehr an mein kleines Dorotheechen erinnerte.

Am ersten Abend bemerkte ich in der Ikonecke diese schöne Ikone und ich bat, daß man sie mir gäbe. Ängstlich bedeutete mir die Frau mit unbeholfenen Gebärden, daß es ihr eigenes Schutzbild sei und es für sie gesegnet wäre. Ich ließ dann davon ab.

Im Laufe der Tage gewann ich die kleine Genia, die mich so an unser Dorotheechen erinnerte, herzlich gern. Ich nahm sie auf den Arm, sprach mit ihr und ihre Äuglein leuchten, wenn sie mich sieht.

Morgen geht’s weiter. Und eben kommt die Mutter zu mir und gibt mir die Ikone in die Hand.

29. November 1941

Hannes