Johannes Ließem: Aufzeichnungen aus Russland (Dezember 1941)

Tischwin. Druck v. all. Seiten, Kälte Flieger. 12 P. Div. hat v. 210 P. noch 20 betriebsf. Überall mot.-Fz. eingefr. Wenn russ. 54 to anrollen, unsere keinen Zweck. Heldenhaft hält eine Div. die Spitze, aber am 6. belegt d. Russ. Masterkaja a. d. Straße m. Feuer. Verbindg. ist nicht zu abgeschn. Gelingt es ihm, die Straße abzuschneiden?

Sib. Truppen rücken an, mit Watt. Anz. Pelzmäntel, Pelzstiefel, Stange Wodka in der Tasche, haben nächtelang u. tagelang draußen kampiert, kommen in geschl. Marschordng. die Straße. Halten auch Geschütze u. MG noch so auf sie, stur räumen sie Tote u. Verwund. aus dem Wege u. setzen stur ihren Marsch fort. Nur die Höllenorgel bringen sie etwas durcheinander.

Sie drohen darauf mit Gas. Mittlerweile liegen wir 1 km nördlich von Petscherow(?). 1 ½ km nördl. beginnt das große Waldgebiet, woran sich westl. die riesigen Sümpfe anschließen. Von morgens bis i. d. Nacht belfern die MG, halten die Bordkanonen der russ. Flieger auf unsere Stellung u. umgekehrt.

Wir liegen m. d. Kp. in einem Haus. Drei Etagen übereinander 50 – 60 Mann m. den Offz., den Fw u. Uffz. in einem Raum. Aufg. bauen von Bunkern, Betreuung d. Straße bis Tischwin.

Die Kälte bricht herein. Zum ersten mal überklettert das Thermometer den 40 o Strich unter 0. Die Schneekristalle glitzern u. glänzen i. d. Sonne, auf Zweigen, auf d. Dächern, dem Flußlauf Lila Rauch in frostklarer Luft. Man kann nur noch m. Kopfsch. heraus. der aber sofort durch d. ausströmenden Atem vor d. Mund gefriert. Augenbrauen, Wimpern sind weiß. Hält man die Augen einen Augenbl. geschl. gehen die Deckel nicht mehr von selbst auf. Erster Erfrierungsfall. LKW Fahrer.

Und Dr. Trop m. Zug ist lange unterwegs. Was mag er all. durchgemacht haben. Die Straße eine Eisbahn, oder schneeverweht. Kalt, kalt kalt und nochmals kalt. Oft eisiger Wind und 400 km Marschweg, kaum Futter f. d. Pferde.

Am 7. u. 8. setzt die Rückw. Beweg. ein. Umgekehrt ist nicht mehr durchzukommen.

Die Quartiere in d. kleinen Petscherow(?) sind wie die Heringe vollgepreßt. 200 mot. Fahrzeuge stehen im Ort. Wieviel springen morgens davon an.

Der Druck wird stärker, die Bewegung reißt nicht ab. auf 18 20 30 Mann zusammengeschrumpft. Komp. kommt durch. Die Verluste sind enorm. Aber die Freigabe soll ordentlich erfolgen. Auffangstellg. wird in aller Eile gestellt, um das kostbare Mat. zu berg. Was nicht geborg.werd. kann wird gesprengt. Tanks Bekl.-lager, Verpfl. LKW, PKW usw.

Am 9. 12. nachts bezieht Ari bei uns UK. Die Russ. sind in einig. Std. zu erwarten. Aufbruch nachts 22 Uhr. LKW nur neun fahrbereit. Trop war angekommen u. mußte wied. abf.

Ich selbst sitze von nachts 11 Uhr bis morgens 14 auf d. off. LKW. Die Füße drohen abzufallen. Rechts u. links des Weges tote Russen, Tanks, LKW.

Alle Augenbl. Stockung, dann wieder ein brennender Wagen, dann Flieger, aber unentwegt zieht der Wagen gen Westen