Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 23. November 1943
23. November 1943
Meine liebe, liebe Elsbeth!
Zu Anfang muß ich etwas Trauriges mitteilen. Erstens ist mein Füller spurlos verschwunden, zweitens, und jetzt halte Dich fest, ist wahrscheinlich der Koffer mit Fleisch, Pelzmantel, Schuhen, Handschuhen, Strümpfen, Militär-Anzug, Frotteetüchern und sonstigen Kleinigkeiten, beschlagnahmt. Der Feldwebel, der den Transport geführt hat, hat an uns geschrieben, daß die kleineren Sendungen bis 10 kg durchgegangen wären und die größeren beschlagnahmt worden seien. Am meisten leid tut mir das Fleisch und der Fohlenmantel. Der Mantel wäre Dir ja zu groß gewesen, aber das hätte Dannbeck doch sicher ändern können. Auch die weißen Schuhe und ein Paar schöne Handschuhe waren drin. Sollten irgendwelche Fragen an Dich herantreten, sagst Du, es handle sich bei der Sendung um ersparte Verpflegung und um Sachen, die den Angehörigen der Einheit von der Marketenderei zugeteilt worden seien. Sollte man etwas von „Beute“ faseln, lehnst Du dieses ganz entschieden ab. Passieren kann nichts. Das Schlimme nur ist, daß das Zeug, was Du so gut hättest brauchen können, weg ist. Aber nun Schluß mit dem leidigen Thema. Ich habe mich schon genug darüber geärgert.
Mir geht es gut. Ich habe, höre, diese Nacht zum erstenmal wieder in einem regelrechten Bett geschlafen. Schön weich mit weißer Wäsche. Hose hatte ich aus. Ein Genuß. Ich war heute morgen nicht wachzukriegen. Kampmann ist es auch so gegangen. Wir schlafen in 2 Ehebetten. Die Verpflegung hat sich auch gemacht. Lan Nach langer, langer Zeit „Goulasch mit Kartoffeln“ gabs heute zum erstenmal wieder Gemüse. Dazu Apfelsinen. Das haut hin. Wir können jetzt im Monat 3 1-Kilopäckchen schicken. Ich will, wenn ich morgen dazu komme, 3 Päckchen mit Apfelsinen fertig machen. Hoffentlich kommen sie nur nicht angefault bei Dir an. Ich suche extra
welche raus, die noch fest sind und nicht ganz ausgereift.
Heute wird’s kein so langer Brief wie der letzte. Ich habe eben an die Firma, an Vater und Anna und an Hubert geschrieben. Außerdem war heute ein strammer Tag und ich bin sehr müde. Das Wetter ist so, daß man den eben angelegten Pullover wieder entbehren kann. Nur gießt es ab und zu in Strömen. Dafür habe ich aber einen wasserdichten Kradmantel.
So, und nun gute Nacht, meine liebe, liebe Elsbeth. Ich küsse Dich recht innig und bin immer
Dein Hannes.