Hannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 9. Februar 1944
9. Februar 1944
Meine liebe, gute Elsbeth!
Vorerst einen herzlichen Gruß und festen Kuß. Anliegend die Bilder, die ein Kamerad gemacht hat. Es sind ja keine Portraits, aber sie sind auf jeden Fall netter, als die vom Fotografen. Die Filme schicke ich mit dem nächsten Brief. Wenn einer der beiden Briefe verloren geht, bleibt wenigstens noch etwas da.
Ja, nun sind die schönen Tage vorüber. Heute war schon Entlassungsuntersuchung und am 12. geht’s wieder ab zur Truppe. Vorgestern ist meine Medizin gekommen und gestern habe ich mit der „Kur“ begonnen. Sie besteht darin, daß ich morgens im Bett
einen Eßlöffel voll Medizin nehme und dann 10 Minuten auf der linken Seite, 10 Minuten auf dem Bauch, 10 Minuten auf dem Rücken und zum Schluß auf der rechten Seite liegen muß. Leider wird sie nun durch den Abmarsch allzu früh unterbrochen. Aber es ist ja auch so schon fast gut geworden. Durchfall, Erbrechen und die entsetzlichen Schmerzen habe ich überhaupt nicht mehr, nur das jeweilige Ziehen im Magen, besonders wenn er bald leer ist. Nun, dann muß ich eben etwas essen.
Gestern hatten wir wieder Film. Es wird nun wahrscheinlich der letzte für lange Zeit sein. Es war ein Film mit Hans Moser „Abenteuer im Grand Hotel“. Er war sehr lustig. Über Moser könnte man sich ja kaputt lachen.
Nun freue ich mich auf die Post, die ich
bei der Einheit von Dir vorfinden werde.
Heute hörte ich etwas Seltsames. Eine Schilehrerin fuhr nach Venedig, um sich Butter, Käse und Lebensmittel zu kaufen. Stell’ Dir mal eine solche Reise vor. Etwa 50 km Omnibusfahrt und dann einen Tag Bahnfahrt nur die Hinfahrt, um für sich als alleinstehende Person Lebensmittel zu kaufen. Wenn sie hier kaufen will, muß sie eine Ewigkeit warten bis sie was bekommt. Dann muß sie aber vorher einige Hundert Lire dem Mann unter der Hand geben, der die Markenverteilung unter sich hat usw. Ein Uffz., der hier im Hause wohnt, hatte ein Techtelmechtel mit der Schilehrerin angefangen. Er erzählte das mir. Auch der Neffe unserer Pensionsmutter erzählte vor einigen Tagen wahre Schauergeschichten von Korruption, Bestechung, Unge-
Originell ist, wie die Hotels ihr Kühleis beschaffen. In den ersten Tagen fielen mir ungeheure Eisklumpen im Freien auf. Hinter dem Hause stand ein Wasserrohr senkrecht aus der Erde, etwa 3 m hoch. Oben auf dem Rohr sitzt eine feine Brause. Das Wasser kommt wie bei einem Springbrunnen und rieselt ringsherum zur Erde. Es friert natürlich sofort. So entstehen Eisklumpen von etwa 2 – 3 m Höhe und 2 m im Durchmesser. Dieses hacken nun die Leute ab und werfen es in Schuppen. Sägemehlschichten werden ab und zu zugegeben. Das Eis hält sich so bis zum Hochsommer.
Wie war es zu Dorotheechens Namenstag? Was hat sie bekommen und was hat sie gemacht an dem Tag?