Hannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 5. März 1944
5. 3. 44
8,30 Uhr
Meine liebe, liebe Elsbeth!
In Eile ein paar Worte. Ich bin noch wohlbehalten. Es waren ein paar heiße Tage. Wieder war ich schon in den ersten Stunden eines gewaltigen Kampfes dazu ausersehen, einen neuen Komp.-Führer zu verbinden. Eine von vielen Granaten schlug etwas unsanft 3 – 4 m vor uns ein. Es schoß aber auch aus sämtlichen Rohren. Er hat einen Splitter am Arm und 2 im Oberschenkel. Ich war nun der Einzige, der so um den Kram Bescheid wußte. Der 2. Offz. fiel auch aus. Der Batl.-Adjutant wurde so lange als stellv. Komp.-Führer geschickt. Nun ist es vorbei. Heute abend werden wir abgelöst. Der Kampf war etwas ganz Gewaltiges. Panzer, noch schwerer als der Tiger, Tiger, Panter usw. rollten. Augenblicklich sitze ich in einem feuchten
Keller mit meinem Komp.-Trupp, Funker, Feldfunksprecher usw. Gleich fahre ich mit dem Chef zum Regiment und dann. Ach, das schreibe ich Dir später. Für Dich ist wichtig, daß Du Dir keine Sorge zu machen brauchst. Ich glaube, trotzdem ich nicht der Beste bin, habe ich einen guten Schutzengel. Nun sind die großen Kampftage vorbei. Aussehen tue ich wie ein Schwein. Schon seit dem 29. 2. habe ich keine trockenen Füße, dreckig von oben bis unten, Läuse, der Anzug stinkt von den Gräben und Löchern, wo man sich oft hat hinein-
werfen müssen, wenn etwas sich nahte, von den Kellern, Löchern, Hütten, wo man sich aufhielt, seine Meldungen zu machen usw.
Aber nun genug davon.
Ich hab Dich so lieb. Gerade an solchen Tagen merkt man, was man besitzt und das man unbedingt sich wiedersehen will, daß man noch lange glücklich sein möchte und es ist wie ein Geschenk, wenn man nach solchen Tagen noch Frauchen melden kann „bin wohlauf und gesund“. Und man wünschte dann auch, daß man mal von Frauchen eine solche Meldung bekäme „wohlauf und gesund“! Tue doch alles, was möglich ist, das zu erreichen.