10. April 1944

Meine liebe, liebe Elsbeth!

Gestern, auf Ostersonntag, sind wir wieder hier angekommen in der alten Unterkunft. Immer türmt sich ein Wust von Minenplänen, Sperrbeschreibungen usw., vor mir auf. Die letzten Tage bin ich nur noch am Stock gehumpelt. Durch die viele Lauferei, besonders am Meeresstrand hat sich durch den eindringenden Sand die Sache etwas entzündet. Das ist nun wohl ungefährlich aber ziemlich schmerzhaft zeitweise. Ich habe mir eine ganze Menagerie mitgebracht. 2 Kaninchen und 2 Hühner. Die Hühner werden heute abend gegessen, die Kaninchen sind so liebe, putzige junge Dinger. Das wäre etwas für Dorotheechen. Sie geben etwas Osterstimmung. Eins, ein ganz weißes, heißt Dorotheechen, das andere Nikolaus. Ich habe heute von dem Putzer auf der Wiese ein kleines Laufställchen errichten lassen. Da laufen sie nun drin herum, knabbern am Gras und machen Männchen. Es sieht so

putzig aus, daß es sogar ein so altes, „hartgesottenes“ Soldatenherz wie meines rührt. Wenn Dorotheechen jetzt hier wäre, würde ich mich mit ihr auf die Wiese vor das Laufställchen legen und mir anhören: „Oooch, Vati, sieh mal, ein richtiges Osterhäschen, o wie lieb, so ein süßes, kleines Häschen. Sie mal, Vati, es knabbert mit seinem kleinen Mündchen am Gräschen. Sieh mal Vati, jetzt macht es ein Männchen. Ich will es mal streicheln. Ei, Ei, liebes kleines Osterhäschen.“ Manchmal kriechen sie durch die Maschen und machen weite Spaziergänge, kommen aber immer wieder. Ich habe meine helle Freude daran.

Du bist nun schon 1 Woche im Sanatorium. Wie gefällt es Dir? Hast Du ein schönes Zimmer? Wie ist der Arzt und die Betreuung? Wie ist die Kost? Ist die Gegend schön? Hast Du von Deinem Zimmer aus eine schöne Aussicht? Alles Dinge, die mich interessieren. Hast Du den Photoapparat mitgenommen. Hoffentlich bekomme ich dann mal einige Bilder. Ich wünsche Dir gute Erholung und grüße Dich herzlich.

Ich gebe Dir einen innigen Kuß auf Deinen lieben, lieben Mund und bin immer
Dein Hannes.