Hannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 22. August 1944
22. 8. 44
Meine liebe, liebe Elsbeth!
Der dritte Tag nach meiner Operation ist heute. Die Gedanken sind träge, aber klar, nur der Stift will sich nicht so in die Hand einfügen. Aber zuerst einen Kuß, ich bin so durstig danach.
Wir waren so etwa 10 Tage gefahren und kamen an dort, wo wir mit LKW von unseren alten Einheiten abgeholt werden sollten. Auf dem Transport ging es mir gut. An zwei oder drei Tagen hatte ich es allerdings mit meinen üblichen kleinen Magenbeschwerden zu tun. Es wird durch frisches Kommisbrot u. Büchsenfleisch gewesen sein.
Und dann kamen wir an, wurden bei einer Einheit gesammelt. Von hier sollte Verteilung an die entsprechenden Frontteile morgen erfolgen. Das war die Nacht. Gelegen, gegangen, gebrochen, gesch . . . ., immer abwechselnd. Morgens brachte man mich mit Krämpfen zum Arzt. Der hielt mich 3 Tage in seiner „Revierstube“, gab mir tag und nachts Spritzen, weil ich dachte der Bauch müsse platzen. Nach 3 Tagen wurde es ihm zu bunt, ließ mich mit einem Sankra [Sanitätskrankenwagen] zum
Lazarett schaffen. Gegen Abend untersuchte mich ein Arzt, der rief sofort einen Stabsarzt heran. Ich hörte verschiedene Brocken „noch nicht zu spät“ schnell, schnell, usw. In einer Viertelstunde lag ich schon festgeschnallt und zählte einundzwanzig, zweiundzwanzig.
Im höchsten Grad vereiterter Blindarm d.h. den Blindarm selbst hat man vor lauter Eiter nicht gefunden. Ich glaube, nach 5 Stunden erwachte ich wieder.
Es wird wahrscheinlich etwas länger dauern. Ich kann kaum noch schreiben Es geht mir aber gut und habe sogar die Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen.
Meine Feldp.-Nr. 00541
Küsse, Küsse, Küsse, ich halte Dich lieb,
Dein Hannes.