Elsbeth Ließem an ihren Mann Hannes, 30. August 1944

Mittwoch, 30. August 44

Du lieber, einziger Hannes.

Nun sind schon 10 Tage seit Deiner Operation vergangen, und ich hoffe so sehr, daß die schlimmsten Schmerzen für Dich überwunden sind und Du nun noch gesunden kannst in Ruhe und schmerzlos. Wie sehr leid es mit tut, daß ich jetzt nicht bei Dir bin, kann ich garnicht in Worten ausdrücken.

Meine Gedanken sind immer bei Dir, und ich mache mir noch immer große Sorge, bis ich noch einmal Nachricht habe, die hoffentlich bald kommt. Die ersten Tage können ja wohl immer noch Komplikationen auftreten, und davor habe ich Angst. Es durchfährt mich jetzt noch ein eisiger Schrecken, wenn ich daran denke, was hätte geschehen können. Ist es nicht sonderbar: Du bist nun so krank, und

Deine eigene Frau kann Dich nicht einmal besuchen. –

Ich versuche augenblicklich, mich für die Nacht unter Alkohol zu setzen, trotzdem ich ihn garnicht ertragen kann. Brack macht mit meinen Zähnen garnicht voran, und ich gehe die letzten 3 Wochen vor Zahnschmerzen die Wände hoch. Nächtelang habe ich nicht mehr geschlafen, und im Hause habe ich meine Backen mit Watte umwickelt. Ich habe Angst vor den Nächten und schlucke „schmerzstillende Mittel“ am laufenden Band, aber keines hilft. Dabei muß ich schon froh sein, daß Brack mir die Zähne überhaupt macht. Wenn es nicht verboten wäre, Goldzähne zu arbeiten, ginge ich einfach zu einem anderen Zahnarzt. Nun ja, es ist nicht lebensgefährlich und wird wohl hoffentlich auch vorüber gehen. Ich bin ja schon etwas gewohnt in dieser Beziehung.

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Meine größte Sorge ist, daß es Dir bald besser geht; hoffentlich höre ich bald wieder von Dir. – Ich küsse Dich ganz, ganz vorsichtig und innig, Deine Elsbeth