Toni Roos an Sohn Gustav, AnfangJuli 1939
Mein lieber Gustav, inzwischen wird der Herr O.V. Treder das Nötigste überreicht haben und ich will hoffen, daß du dich an dem Kottlette nicht verfressen hast. Heute haben wir einen feinen Tag gehabt und fast den ganzen Mittag auf den Führer gewartet um 6 Uhr kam er hier an er hat den ganzen Abschnitt inspiziert und ich habe das bestimmte Gefühl, daß er auch mal auf eigene Faust losgegangen ist und sich nicht nur das angesehen hat was programmmäßig vorgesehen war.
Der Führer ist seitdem August 1938 wo ich ihn das letztemal sah sehr gealtert, an den Schläfen macht sich weißes Haar bemerkbar und trotz dem Jubel (bei der schwarzen Bevölkerung Trier’s ein Wunder) war er sehr – sehr ernst und hat was er sonst nie tut Blumen und Sträußchen sofort abgewunken. Auch sein Gefolge (mit Ausnahme von Himmler) war sehr ernst, ob Führer der Partei oder der Generalstab spez. die Letzteren. Dienstag war auch noch zur Besichtigung vorgesehen, aber soeben habe ich erfahren, daß der Sonderzug in Trier-Ehrang unter Dampf steht und der Führer noch Heute Nacht Trier verlässt. Pass auf es tut sich was, wie man hört haben die Russen bezl. des Bündnisses mit England quasi abgelehnt; die Pollacken leben in einer Selbstmordpsychose und meiner Ansicht gemäß nimmt die Geschichte programmäßig ihren Gang – 4 Teilung Polens. Gestern hat sich auch bei uns zu Hause ein „Trama“ abgespielt, Günther hatte zu meinem Abschied eine Flasche „Rotlack“ heraufgeholt. Es war mir am
Vormittag als ich die Flasche die ich mit Treder getrunken hatte schon aufgefallen, daß die Kiste mitten im Keller also auch in der Sonne tagsüber steht. Kurz u. gut ich löse den Draht, der Kork geht mit der Klammer an die Decke und Günther der neben mir saß bekam einen Strahl Sekt in die Fresse daß er klitschnaß u. triefend da saß, so schlagfertig er sonst ist, hier ist ihm die Sprache vergangen, das Maul zu die Augen zu und steif wie eine Mumie ließ er den edlen Saft sich in seinem lieblichen Gesicht zerteilen. Ich hatte den Rest schon in die Gläser gefüllt, (für jeden ½ Glas blieb übrich) als ihm die Sprache zurückkam, so paff habe ich ihn noch nie gesehen.
Wenn du etwas brauchst, so schreibe mir sofort.
[Also?] mein lieber Gustav mit Gruß – Heil Hitler
auch an den liebenswürdigen [Hermann?]