Elisabeth Roos an Sohn Gustav, 25. Juni 1939

Brühl, den 25. Juni 39.

Lieber Gustav.

An dem Datum siehst du daß ich dir Sonntag schreiben wollte; aber dann dachte ich, warte bis morgen denn heute wird Gustav ja auch einen Brief schreiben vielleicht hat er etwas nötig und dann geht es in einem. Gestern habe ich nun auf einen Brief gewartet, aber er kam nicht, heute morgen ist er dann angekommen. So will ich dir denn sofort ein Paketchen machen, damit es heute morgen noch weggeht. Samstag hatte ich so schön eingekauft für dich, dicke Bohnen mit Speck, Erbsen in Möhrchen hatte Oma mitgebracht ein Kalbsschnitzel, Obst, aber ich will dir den Mund nicht wässerig machen, da kam deine Karte an, nun mußten wir alles allein essen. Günter war Sonntag auch den ganzen Tag fort, hier war eine Übung vom roten Kreuz und da mußte der Nachrichtentrupp mit. Es war auf dem Gelände Pingsdorf-Berggeist. Morgens um 10 Uhr war Günter fort bis abends 7 Uhr, mittags gab es Essen aus der Gullachkanone der Wehrmacht Erbsen mit Speck. Als Günter abends wieder kam war er naß wie eine Katz; hier hat es Sonntag nur einmal geregnet. Ich war den ganzen Tag mutterseelen allein da kannst du dir ja denken wie mir zu Mute war, ich dachte nur immer wäre Gustav doch wenigstens hier. Ich habe abends geschimpft daß Günter sagte ich käme bestimmt noch einmal fort, weißt ja wohin. Abends hat Günter dann alles weggegessen was für dich bestimmt war, aber oh Schreck, er hat sich verfressen, dafür muß er nächsten Sonntag zusehen wenn du hier bist. Willst du Sonntag dicke Bohnen mit Speck haben, ich denke ja, denn dann gehen sie auch langsam zu Ende bis du dann noch einmal kommst wird es wohl keine mehr geben. Ich hoffe doch daß du Sonntag kommen kannst zumal hier

Schützenfest so groß gefeiert wird. Schreibe mir aber bitte noch eine Karte. Aus deinem Briefe sehe ich daß ihr ja auch wieder tüchtig dran mußtet, es ist gut daß man daß nicht alles sehen kann sonst Gnade Gott. Ich will nicht mehr schreiben. Heute nachmittag werde ich den Brief auf der Uhlstr. vorlesen, das Drama kannst du dir ja denken. Aber wenn du das Paket hast wirst du wieder alles vergessen haben, und Sonntag bist du hoffentlich wieder hier. Habe Sonntag von Vater einen Brief erhalten, er schrieb mir daß er dir Eier geschickt hat, ich habe ihm dann Sonntag sofort geantwortet, er weiß aber auch noch nicht ob er Sonntag kommen kann, denn sie hätten viel Arbeit.

Ich will Schluß machen und einkaufen für dein Paket, damit es heute morgen noch abgeht. Alles andere am Samstag dann mündlich. Schreibe Tante Agnes aber auch deine Cigarettenmarke denn die kann dir mal ein Paket schicken. Frau v. Espinol war Samstag auch hier, ich mußte wieder schreiben, sie brachte mir eine feine Schachtel Pralienen für dich mit, kannst sie ja Sonntag mitnehmen. Lege dir 3 Rm bei damit du Samstag Fahrgeld hast. Also auf Wiedersehn Samstag viele herzliche Grüße u. Küsse Mutter
u. Günter.