Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 25. Mai 1942

Russland, am 25.5.1942

Liebe Mutter!

Der erste Pfingsttag liegt hinter mir und auch der zweite geht zu Ende. Getan haben wir gestern kaum etwas. Auch der Russe war ruhig, so dass wir den ganzen Tag keine Leitungsstörung hatten. Also hatten wir Zeit uns zu waschen, gründlich zu lausen, zu essen und zu lesen. Am Abend habe ich dann Karl-Dieter Frees besucht, der ja vor mir schon wieder hierhin kam und nun seinen Wigwam nahe bei unserem Bunker aufgeschlagen hatte. Die Verpflegung für die beiden Festtage war so gut, dass es sich lohnt Euch einmal den Mund wässerig zu machen. Unsere kalte Verpflegung bestand aus: 1 Kommissbrot, Butter, Käse, Bierwurst, Marmelade, Drops u. 12 Zigaretten. Morgens kam Bohnenkaffee und zu Mittag assen wir grüne Bohnen mit Rindfleisch. An Marketenderwaren bekam jeder 100 Zigaretten, 1 Paket Feinschnitt, 20 Zigarren, Blättchen, 1/3 Flasche Sekt, 1 l Rotwein und ½ l Cognac, Rum oder Likör. Dazu waren

all die Sachen zu kaufen, die ich in der Heimat nicht mehr bekam; Kamm, Spiegel, Zahnpasta, Hautcreme und Briefpapier. So etwas freut einen ja denn auch. Dass wir gestern die ganze Rollbahn entlang leicht beschwingt waren, versteht sich von alleine.

Im übrigen kann ich nur sagen, dass sich die Verpflegung ab 16.5. tatsächlich geändert hat und man gut mit allem auskommt!

Bis Samstag hatten wir vorige Woche viel Arbeit. Wir machten Mittwoch einen Stellungswechsel und zogen etwa einen km nach Osten und liessen uns hier häuslich nieder. Die letzte Hälfte der Woche waren wir intensiv beschäftigt unser Leitungsnetz neu aufzubauen. In einer festen Stellung ist es immer sehr umfangreich. Bunker brauchten wir nicht mehr zu bauen. Wir wohnen in den Bunkern, die General Berthold, unser Divisionskommandeur bewohnte. Berthold ist auch hier in Sajzewa-Gora gefallen. Er war der zweite Divisionskommandeur, den wir im Russlandfeldzug verloren.

Kurz etwas zur Lage: Wir liegen nun 100 m nördlich der Rollbahn, 100 m ca. südl. der Strasse liegen unsere Kmp. und noch einmal 200-300 m, dann kommt schon der Russe. Dieses ganze Gebiet auf der anderen Seite ist versumpft, so dass der Russe, nachdem er sich gerade hier einmal ordentlich den Schädel eingerannt hat, drauf verzichtet, anzugreifen. Nur eben seine Artillerie kann es nicht lassen, uns mit mehr oder minder schweren Bröckchen zu belästigen.

Seit Samstag regnet es leider ununterbrochen und mit einem sonnigen Pfingsten war es leider Kappes. Es geht mir gut, beinahe sehr gut. Nur eins ist weniger schön, dass ich noch keine Post bekommen habe. Bis Pfingsten hatte ich schwer damit gerechnet. Aber gestern war auch noch nichts dabei. Ich hoffe nun stark, dass ich im Laufe der Woche von Euch Nachricht bekomme! Schreibt mir also viel und oft!!

Und nun noch einmal herzlichste Pfingstgrüsse und alles Gute wünscht Dir, Vater und Günther, sowie allen Verwandten!

Heil und Sieg!
Gustav