Günther Roos an Mutter Elisabeth, 12. März 1943

Celle, den 12.3.1943

Liebe Mutter!

Leider komme ich erst heute dazu, Dir wieder zu schreiben. Es geht mir so lala. Hatte gestern saumäßige Magenschmerzen und den tollsten Durchfall. So habe ich gestern mal gefastet und nur 2 Apfelsinen gegessen und massig Kohle geschluckt. Jetzt ist es Dank der Pferdekur wieder in Ordnung. Gott seis gelobt, getrommelt und gepfiffen.

Am Montag waren wir in Hannover. Waren zuerst mal schwimmen. Tadellos. Da wir für das Theater keinen Platz mehr erhalten konnten, sind wir ins Kino gegangen und zwar haben wir den Mozartfilm „Wen die Götter lieben“ gesehen. Fabelhaft. Ich ha-

be selten einen so guten Film gesehen und rate Dir nur, ihn Dir anzusehen, wenn er bei Euch gegeben wird. Es lohnt sich bestimmt. Abends hatten wir noch 2 Stunden Zeit. Habe während dieser Zeit den Herrn Pastor einmal besucht. Ein sehr netter Kerl. Nun etwas Trauriges: Mit meinem Urlaub ist es Scheiße. 1.) haben wir nämlich Sperre und 2.) ist der Tag der Wehrmacht verlegt auf den 28.3. Traurig aber wahr. Na, dafür werde ich dann aber sofort nach Aufhebung der Sperre kommen. In dieser Woche ging es hier schwer rund, und wir hatten nüscht zu lachen. Allerdings so toll wie in Bremen können sie es hier nicht. Du siehst jedoch daran, daß ich so wenig schreibe, daß wir schon ganz nett beschäf-

tigt werden. Jeden Tag startet ein Apell. Du würdest grinsen, wenn Du sehen würdest, wie gewaschen, geputzt und geflickt wird. Großartig. Abends macht man dann die Ausarbeitungen der täglichen Dienste. Soviel Aufgaben habe ich in der Schule nie gemacht. Wer hätte das jemals gedacht? Nie habe ich 1/10 mal so oft in die Schulbücher gesehen, wie ich es jetzt in die Vorschriften sehe. Mein Schädel raucht schon richtig.

Augenblicklich üben wir den Präsentiergriff und den Parademarsch bis zum Erbrechen für den Heldengedenktag, wo wir den Ehrenzug stellen, und eine Parade machen.

Nun zum speziellen Teil: Schicke mir doch bitte auf dem schnellsten Wege die

Wäsche. Hatten heute Apell darin, und ich hatte sie nicht hier. Den Krach kannst Du Dir ja vorstellen. Ich gebe sie jetzt hier in Gelle in eine Wäscherei. Erhalte sie so schneller. Dann brauche ich regelmäßig Geld, da wir 1.) nur in bestimmte, vornehmen Lokale gehen dürfen und ich 2.) viele Bücher kaufen muß. Gib also Deinem Herzen einen Stoß.

Ostern werde ich keinen Urlaub bekommen, sondern erst Pfingsten. Dann kannst Du mich ja Ostern besuchen.

Jetzt aber Schluß. Alles Gute und die besten Grüße

Günther