Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 30. Juni 1942

Russland, am 30.6.1942

Liebe Mutter!

Deinen Luftpostbrief habe ich erhalten! Vielen Dank! Außerdem danke ich Dir noch für 11 Päckchen, die ich am Sonntag alle auf einmal bekam: davon 8 Stk mit Plätzchen, Zucker, Brause und R&, 3 nur mit Zigaretten. Die Plätzchen waren fabelhaft, in Russland von der Mutter gebacken! Ich teile sie mir aber jetzt ein, 2 habe ich noch in Vorrat.

Seit Sonntag bin ich nun wieder beim Btl. Dieser Sonntag war einer der Tage in Russland, die ich nie vergessen werde! Erstensmal war es ein herrlicher Tag. Morgens um 8.00 wurden wir wach, wuschen uns im Bach und dann tranken wir Kaffee, so wie es sich am Sonntag gehört, ruhig und ausgiebig. Unsere Klamotten hatten wir gepackt und nach dem Abschied von den Kameraden zogen wir zum Rgt. Als wir dort um 11.00 ankamen, spielte dort die Rgt’s-Kapelle, 3 km hinter der H.K.L.!! Dort blieben wir natürlich zuerst mal. Das herrliche Wetter, die Musik – das Dorf ist noch gut erhalten und unsere Landser haben daraus ein Musterdorf gemacht. Dazu liegt es noch an einem See. Auf dem Platz in der Mitte des Dorfes lagen wir nun und hörten einmal wieder Märsche, Tangos und Foxtrotts. Beim Rgt. haben wir dann auch gegessen: Erbsen mit Kalbfleisch und einen phantastischen Reispudding mit Apfelkompott. Das hob unsere Stimmung um 100 %. Alsdann zogen wir an eine schöne Stelle am See und dann rin ins Vergnügen! Das erste Mal in diesem Jahr! Es war wunderbar, das Wasser hatte die richtige Temperatur. Als wir nach einem kurzen Marsch um 18.00 bei unserer Staffel ankamen, erwartete uns eine neue Überraschung. Mit List und Tücke und viel Draht hatten die Kameraden einen Anschluss an den Radioapparat des

Kommandeurs gemacht. So haben wir nun auch endlich Radio, einen Lautsprecher, selbst gemacht und x-Kopfhörer! Ja, wir verbessern uns täglich!

Und nun ein Thema, was Dich sicher immer interessiert: Verpflegung!! Zum Spass will ich Dir einmal aufzählen, was wir so seit Sonntag empfangen haben: Sonntag bei der Division ½ Brot, Butter, Leberwurst und Marmelade. Bei uns bekamen wir dann noch einmal Brot, Rindfleisch, Schweinefleisch und 10 R6. Montags gab es dann Marketenderwaren: ich kaufte 70 Zigaretten, 2 Zigarren, Zündhölzer, Spiegel, Zahnpasta, Fusspuder, Gehwohl, Rasierklingen, dazu dann noch Rum, Cognac und Sekt! Alles franz. Markenartikel! Und dann bekam jeder, höre und staune, 1 l Bier frisch vom Fass!!!! Stell’ Dir das vor! Das war ein Genuss!! Heute gab es zu Mittag Nudel mit Kalbfleisch und Tomatentunke, kalte Verpflegung: Brot, Butter u. Schweinefleisch und 100 g Zucker. Dazu wieder 1 Flasche Sprudel und 1 l Bier. Diese Verpflegung ist wirklich tadellos und wer jetzt noch etwas auszusetzen hat, weiss nicht, was gut ist! Im Anschluss daran noch einmal: Liebe Mutter! Du weisst, dass ich furchtbar gern etwas von zu Hause bekomme, aber, Du siehst, mir geht es gut, und Ihr zu Hause seid mit allem knapp. Darum schickt mir nicht, was Ihr selbst entbehren müsst! Wenn ich das wüsste, bliebe mir jeder Brocken im Halse stecken bleiben!! Außerdem denk’ dran, dass Du nun leider 2 Mann zu versorgen hast!!

Während ich schreibe ist Post gekommen. Leider kein Brief, nur die Buntstifte von Jünni! Ich danke ihm herzlich! Nun kann’s los gehn! Heute haben wir gearbeitet. Einen zweiten Bunker für unsere Staffel haben wir fertiggemacht. Sonst aber ist hier noch alles beim alten! Noch immer Ruhe auf beiden Seiten. Unser Bunker ist allmählich eine richtige Villa geworden mit allem Komfort. Es lässt sich drin leben!

Roos

Rauchwaren
50 Merkur 2,50
26 Bamses 1,50
30 Güldenring 1,80
1 P. Zigarren -,90
3 Zigarren a 20 -,60
14 Zigarren a 15 2,10
1 Paket Tabak -,90

1 Zahnpasta -,45
3 Hosenknöpfe -,10
1 Briefmappe -,15
- - -,05
4 Briefumschläge 11,05
Getränke 2,70

= 13,75

Getränke bestanden aus ½ Fl. Sekt und einem ½ l Apricot Brandy!