Gustav Roos an seine Eltern, 22. Februar 1942

Göttingen, am 22.2.1942

Liebe Eltern!

Über Eure Briefe und Päckchen No. 2 habe ich mich sehr gefreut, besonders natürlich über die Zigaretten und die Schokolade. Denn mit Rauchwaren war es diese Woche bescheiden. Die alte Karte hatte man uns abgenommen und die neue ist noch nicht da! Vielleicht bekommen wir sie morgen!

Ja, ich bin ja nun im Ausbildungszug. Der Dienst diese Woche war ungewohnt stramm. Morgens immer knapp drei Stunden Aussendienst, sogar einmal aber auch einen 20 km-Marsch. Nachmittags häuften sich die Apelle. Und im ganzen

gesehen eine kühle Angelegenheit. Keine Heizung, zwar Öfen, aber keine Kohlen. Nach Dienst habe ich mich dann meist dünn gemacht, in ein Lokal in der Stadt.

Nicht angenehm ist dies Leben, aber noch lange nicht Russland!!

Ich habe nun endlich einen tadellosen neuen Mantel bekommen und ein paar schöne Stiefel. Das ist aber auch alles. Sonst habe ich noch immer die alte Uniform, dazu ein Paar Strümpfe und eine Garnitur Unterwäsche, das ist alles, was wir haben!

Man erzählt sich heute, dass wir morgen alle wieder versetzt werden und zwar zum Inf. Ers. Btl. 82, II. Kmp.

Unangenehm, aber man kann ja nichts dagegen machen. Ich will einmal versuchen, ob es möglich ist, vielleicht doch noch zur I.N.E.K. zu kommen. Es dar nichts unversucht bleiben; denn der gewisse Tag rückt bedrohlich näher. Also ran!!

Du willst mich ja noch einmal besuchen. Ich werde Dich dann benachrichtigen, wenn es an der Zeit ist! Sorg’ aber bitte, dass bis dahin meine Uhr gemacht ist!

Meine Zähne sind noch nicht in Ordnung. Am Freitag habe ich noch einen gezogen bekommen. Jetzt werden noch 2 plombiert. Ich werde auch noch versuchen trotz allem eine

Brücke zu bekommen.

Sonst noch alles in Butter. Ich hoffe, dass es Euch auch noch gut geht! Und hoffentlich hat Jünni-Bonzo in Elsenborn viel Spass!! Mir hat er noch nicht geschrieben!

So und nun alles Gute und herzlichst Grüße!

Heil und Sieg!
Gustav

Nachtrag:

Heute am 23. bin ich in die 2. Kmp. des I.E.B. 81 versetzt worden. Wie sich nun alles weiterentwickelt? Ja, „comme on dit“, geht es in den nächsten Tagen ab zum „Wintersport“, Skikursus am Andreasberg oder im Harz. Morgen werde ich mich bei meiner neuen Dienststelle erkundigen, wie die Sache mit I.N.E.K. steht, fällt auch das Flach, dann ...

Also man hat mich heute gefragt, was ich über „Afrika“ dächte. Ruhe! Ruhe! Nicht gleich umfallen!! Man schilderte mir die Angelegenheit in schönen Farben.

Zuerst Tropentauglichkeitsuntersuchung, Gewöhnung an die tropischen Verhältnisse in Süditalien und Griechenland, stürmische Über-

fahrt, Afrika. In Afrika schiesst man kaum anders als in Russland, aber Du kämpfst mit Tommies und nicht mit Bolschewisten! Das ist ein Plus! Ich will nicht mehr nach Russland und auch weg von „82“!! Drum, wenn alle Stränge reissen, überlege ich mir „Afrika“! Vorläufig habe ich nicht abgelehnt und nicht angenommen, sondern warte ab!

Und ehe ich etwas unternehme, werde ich es mir reifllich überlegen.

Morgen mehr!
Nun alles Gute
Gustav

2. Kmp. I.E.B. 81
Göttingen
Lüttichkaserne