Elisabeth und Günther Roos an Sohn bzw. Bruder Gustav, 5. Juni 1939

Brühl, den 5. Juni 39.

Mein lieber Gustav.

Haben deinen Brief Samstag dankend erhalten. Wollte dir heute morgen schon geantwortet haben, aber ich war auf Wohnungssuche, ist aber nichts geworden, also müssen wir noch bleiben. Wie geht es dir dann bei der Hitze, ich denke so viel an dich, wird ja jetzt auch keine Kleinigkeit sein bei der Hitze zu arbeiten, und exerzieren, aber es muß durchgehalten werden. Wie hast du denn gestern deinen Sonntag verbracht, warst du schwimmen? Ich war gestern nachmittag mal bei Trudchen. Herr Treder hatte seinen Enkel erwartet, weil die Schwester bei Frau Silg auf Besuch ist, und ich dachte dann etwas von da zu hören, aber er ist nicht gekommen, hatte wohl keinen Urlaub? Wann kannst du nun kommen, Sonntag? oder erst 8 Tage später, die andern wissen auch noch nicht wann sie kommen. Vater hat uns bis heute noch nicht geschrieben, und er weiß doch wie ich mich dann immer aufrege. Hat er dir auch noch nicht geschrieben? Günter hat ihm heute eine Karte geschrieben. Sonst gibt es keine Neuigkeiten hier, es ist alles wieder ruhig nachdem die Arbeitsmänner wieder fort sind. Hoffentlich kannst du Samstag in acht Tagen kommen wenn Vater auch hier ist. Wie ist es mir deinen Moneten? hoffentlich hast du gestern nicht zu viel Eis gegessen und dir den Magen verdorben. Günter ist tüchtig erkältet und kann auch nicht ins Wasser.

Dir alles Gute wünschend grüßt u. küsst dich herzlich
deine Mutter.

Schreibe bald auch ob du etwas nötig hast.

Brühl, d. 5.6.24[=?].

Lieber Gustav!

Wie ich mit größtem Bedauern aus deinem werten Brief ersehen habe kannst du Glücklicher baden. Wenn es auch im [?] ist, es ist doch immer etwas. Ich aber kann das nicht (nämlich baden). Ich bin nämlich scheußlich erkältet und das noch jetzt im heißesten Sommer! Traurig aber wahr. Das Ereigniß will ich dir einmal kurz schildern. Gestern schwollen mir plötzlich die Mandeln an. Diese Biester! Wenn ich schluckte, tat es mir im Hals, in den Ohren, im Kopf und sonst noch überall weh. Einfach scheußlich! Als ich das nun bemerkte habe ich eine Zitrone genommen und mit Hilfe dieser Frucht heißes Zitronenwasser gebraut. Das habe ich dann getrunken und das bei der Hitze! Dann habe ich mir einen Schal um den Hals gewickelt und das bei der Hitze! Dann habe ich mich ins Bett gelegt und mich dick zugedeckt, und das bei der Hitze! Und dann habe ich geschwitzt bis heute morgen. Ein Wunder in der Hitze! Als ich heute morgen aufstehe bemerke ich daß ich – die Biesterei noch immer habe und dafür all die Folter[?] und das bei der Hitze. Jetzt ein paar Neuigkeiten: Walter ist beim Militär und wir holen jetzt Bier in Bochum, Al in deutsch und die [?] als Klassenleiter. Als zweites will ich dir mitteilen, daß ich den Grundschein gemacht habe. Am Samstag hatten wir vom Turnverein ein Fest im Belvedere. Es war auch eine Militärkapelle da. Die Soldaten die konnten turnen. Ein Beweis dafür ist, daß sie am Barren einen Holmen in der Mitte durchgeturnt hatten, sodaß wir schnell einen neuen holen mußten. Ich selbst habe nicht mitgeturnt sondern zugesehen. Es war erst um halb 12 zu Ende. Am Schluß danke ich dir noch für deine Geburtstagsglückwünsche. Also bis in 14 Tagen.

Günther