Günther Roos an Mutter Elisabeth, 16. August 1942

Kamperfehn, den 16. 8. 42

Liebe Mutter!

Zuerst will ich Dir den Empfang eines Briefes und eines Päckchens bestätigen. Vielen Dank! Die Plätzchen werde ich mir heute nachmittag zu Gemüte führen, ja, mir geht es noch immer ganz gut, was ich auch von Dir hoffe. Du brauchst Dir absolut keine Sorgen zu machen, daß ich wegkäme, denn vorläufig bleiben wir schön hier und werden, wie hier das Gerücht ist, zwischen dem 16. und 26.9. entlassen, d.h. in einem Monat.

So, jetzt will ich Dir mal schreiben, was wir gewöhnlich am Tage machen. Um 5 Uhr ist Wecken. Dann Bettenbau, Anziehen und Waschen. Dafür haben wir nur 40 Minuten Zeit. Um 5.45 Uhr ist Frühstück. Um 6.20 Uhr rücken wir ab zur Baustelle, wo wir eine Straße bauen. Die Arbeit ist hochinteressant, auf jeden Fall besser als Moor kühlen, was die drei anderen Züge machen. Ich bin der Schlußmann und muß die letzten Feinheiten in die Straße legen. Das ist eine schöne Arbeit, weil man immer wieder vor neue Aufgaben gestellt wird, kurz, es ist nicht stumpfsinnig. Täglich mache ich rund 10 m fertig. Um ½ 1 Uhr rücken wir wieder ins Lager ein. Um ½ 3 geht der Dienst wieder los. 1 Stunde Ordnungsdienst, 1 Stunde Unterricht und 1 Stunde Zeugdienst, dann kommt das Abendessen und um 9 Uhr ist Zapfenstreich. In den Pausen werden wir auch beschäftigt mit Spindbau, Spatenputzen und Kartoffelschälen. Das Wort Freizeit wird größer als groß geschrieben. Einen Tag in der Woche bleiben wir im Bau und haben Gewehrausbildung.

Dann das Essen. Morgens erhalten wir 5 Scheiben Brot, 20 g Butter und Marmelade und ein Stück Wurst 100g. 4 Scheiben esse ich gleich und eine nehme ich mit auf die Baustelle. Das ist nun ziemlich knapp, wenn man arbeiten muß. Belag ist mehr als reichlich, und ich könnte bequem 10 Schnitten belegen. Mittags gibts eine dicke Suppe mit tüchtig Speck und Fleisch. Prima. Mittwochs und Sonntags gibt es eine Scheibe Braten mit Kartoffeln, Soße und Salat oder Erbsen. Abends bekommen wir 4 Scheiben Brot, Wurst 150 g, Butter und jeden zweiten Tag eine Milchsuppe. Man kann also bequem damit auskommen, mit Ausnahme des Morgens, der verflucht lang wird. Also, ab und zu 1 Pfund Brot.

Gestern sagte uns der Chef, daß unsere Stube die beste der Abteilung sei, in jeder Beziehung. Dabei haben wir keinen Truppführer. Daß wir jetzt ein besonders gutes Leben bei dem Zugführer, dem Unterfeldmeister haben, ist klar, denn er ist bombig stolz auf uns. Dafür haben die Truppführer Wut auf uns. Ist ja klar.

Gestern Abend sind wir zum 3. mal gegen Typhus geimpft worden. Gott sei Dank war es das letzte mal, denn heute bin ich schwer matschig. Aber auch dieser Feldzug geht vorrüber. Am Dienstag ist die Besichtigung durch den Gruppenführer. Wie sie ausfällt, so wird auch demnächst der Dienst sein.

So, jetzt will ich schließen. Alles Gute und

Heil und Sieg
Günther

Schicke bitte umgehend Geld. Bin vollkommen blank! Habe auch Seife (Kernseife) nötig. Reicht noch gut 14 Tage.