Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 23. April 1942

Russland, am 23.4.1942

Liebe Mutter!

Wieder in Russland!! Die Fahrt hierhin ging ja ziemlich schnell, wie Du siehst! Aber sie war wunderbar. Herrliches Wetter! Auch hier ist der Schnee Gott sei Dank weggetaut, bis auf einige Stellen, wo er ganz hoch lag.

Gestern wurden wir in Roslawl ausgeladen und warten nun auf unseren Abtransport nach vorne. Sehr wahrscheinlich kommen wir wieder zu unseren alten Einheiten. Tofte!! Gestern hörte ich bei der P.K. Nachrichten. Unser Regiment im Wehrmachtsbericht! Das Jägerbtl. eines niedersächsisch Braunschw. Rgt’s! Hast Du das auch gehört? Ja, ja, wir „Löwen“. Die Stimmung ist draussen fabelhaft. Wir haben Kameraden getroffen. Sie haben uns erzählt, das Essen sei tadellos. Rauchwaren auch genug da. Im übrigen hat unsere Division vor 4 Tagen einen Angriff gemacht, ist dabei in die Bereitstellung von 2 neuaufgestellten Tarta-

rendivisionen hineingelaufen und hat die durcheinandergemöbelt. Das war eine tolle Sache! Im übrigen ist der Russe aber noch im allgemeinen der Angreifer und er scheint auch noch ziemlich stark zu sein.

Das alte Thema „Strassen“. Es ist wieder zum weinen! Im allgemeinen sind sie noch grundloser Matsch. Liegt das Gelände jedoch etwas höher, sind sie schon wieder Mülm und Staub. Ich freue mich schon wieder auf lange Märsche!!

Im übrigen Russland wird organisiert. Russen in Uniformen bewachen die Eisenbahnen. Aber in russischer Uniform, mit weisser Binde „Im Dienst der deutschen Wehrmacht“. Überall sind Gefangene mit Aufräumungsarbeiten beschäftigt, überall wird gesäubert und gefegt. Auch mit der Zivilbevölkerung scheint man auskommen zu können. Heute musste ich lachen: ein paar Russenbengels, vielleicht 12, 13 Jahre kamen vorbei und sangen – Du wirst staunen -

„Wie einst Marie-Maleen“. Etwas verstümmelt, aber man konnte es verstehen. Ich glaube sogar die Buschmänner auf Neuguinea singen heute nur noch „Marie-Maleen“.

Vielleicht hauen wir morgen schon von hier ab, vielleicht bleiben wir noch einige Tage. Das weiss keiner!

Sobald ich am Ziel angelangt bin schreibe ich Dir und gebe Dir meine neue Anschrift.

Es geht mir noch ausgezeichnet, trotz Russland!! Auch bei uns ist das Essen gut. Zigaretten en Masse. Wir bekamen täglich 6 Stück und kaufen können wir auch. Ich habe zur Zeit etwa 200 Papyrossi im Brotbeutel, nur Attika und Overstolz!! Hoffentlich bleibt das auch so!

Na, und nun wollen wir hoffen das wieder alles klappt! Mach’ Dir vor allen Dingen keine Sorgen!!

Gib’ den Brief sofort an Vater weiter!

Wie ist die Sache mit den Fotos von Neff? Dem Göttinger Fotografen habe ich sofort von Goslar geschrieben, er soll die Bilder an meine Heimatadresse senden. Schick’ mir bitte eins, wenn Du Sie bekommst!

Und nun wünsche ich
Dir, Vater und Günther und allen Verwandten
alles Gute!

Heil und Sieg!
Gustav