Günther Roos an Vater Toni, 17. April 1944

Celle, den 17.4.44

Lieber Vater!

Erhielt heute Mittag Deinen Brief vom 12.4., worin Du mir gemeiner Weise unter die Nase riebst, wie Du Ostern gefeiert hast. Ich habe ja absolut nichts dagegen, wenn Du nach Fontainebleau fährst und Du mir das freundlichst mitteilst. Daß Du mir aber all die lukullischen Genüsse beschreibst, ist die größte Gemeinheit. Während Du im Überfluß schwelgst, sitze ich hier bei Steckrüben und Pellkartoffeln. Weißt Du, aller Edelmut in Ehren, aber was zu viel ist, ist zu viel, und auch ich bin nur ein schwacher Mensch. Denke also an den berühmten Satz von dem Kavalier, der genießt und schweigt. Merke Dir das also.

Sonst geht es mir lala. Lage beschissen aber hoffnungslos. Ich gebe Dir den guten Rat, mache Dir nicht zu viel Hoffnung, daß ich die Schulterstücke hier im Lehrgang bekomme. Ich sehe jedenfalls ultra - schwarz. In spätestens 14 Tagen dürfte das große Sterben anfangen. Mal abwarten!

Gestern habe ich nun ganz vornehm gelebt. Mit Deiner Ostertour komme ich natürlich nicht mit. Habe im Ratskeller gegessen. Es gab Westfälischer Pannhas. Anschließend habe ich mir die "Maria Stuart" vom Herrn Schiller angesehen. Es war einfach tadellos. Eine sehr gute Aufführung. Du siehst, ich lebe zurückgezogen, solide und bescheiden. In der Woche kann man es sich nicht leisten auszugehen. Dazu fehlt die Zeit. Heute hatten wir z.B. nicht weniger als 11 1/2 Stunden Unterricht. Daß einem danach der Kopf raucht, kannst Du Dir ja wohl vorstellen. Nun muß das Ganze noch nach dem Dienst schriftlich ausgearbeitet werden. Wie froh war ich, als ich die Schulbank mit der Uniform vertauschte! Der Tausch war schlecht, denn hier ist es 300 % toller.

Nun will ich aber einmal schließen. Alles Gute und

Heil und Sieg!
Günther