Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 15. Februar 1942

Göttingen, am 15.2.1942

Liebe Mutter!

Heute bist Du nun ganz allein. Vater wird ja in Frankreich sein und Günther weg in sein Lager. Das wird ja sehr schwer für Dich sein. Aber die beiden werden ja bald bei Dir sein und ich komme ja auch einmal wieder, wenn es auch noch etwas länger dauert. Eines weiss ich, seid ich in Brühl war, nämlich, dass ihr Mütter Euch zu Hause mehr Sorgen um uns macht, als wir selbst haben. Aber man darf sich auch nicht zuviel sorgen. Dass gilt Dir. Geh’ jetzt öfter mal raus, das tut Dir besser, als zu Hause zu sitzen

und Trübsal zu blasen!

Mir geht es so gut, wie es einem beim Kommiss überhaupt gehen kann. Der Dienst ist gemütlich, das Essen gut und mit meinen Kameraden komme ich auch gut aus. Hier könnte ich es noch lange aushalten. Noch habe ich noch nichts vom Fortkommen gehört. Es ist nicht unmöglich, dass ich nach meiner Entlassung doch noch nach Braunschweig komme.

Das Päckchen No. 1 ist vorgestern Abend endlich angekommen, zugleich der Brief mit den Marken! Vielen Dank!

Gestern hatte ich bis 24.00 Ausgang.

Nach einem herrlichen Brausebad bin ich in die Stadt gegangen, habe eingekauft, Kuchen gegessen und danach war ich in zwei Kinos. Den Film „2 in einer grossen Stadt“ musst Du Dir auch ansehen. Der ist fabelhaft! Heute habe ich den ganzen Tag frei, werde aber schön auf der Bude bleiben. Meine finanzielle Lage ist nicht mehr günstig zu nennen. Wo das Geld geblieben ist? 10 Rm habe ich Günther gegeben. Hier habe ich ein Buch gekauft: 8 Rm. 7 mal war ich im Kino. Das sind die grossen Ausgaben. Dazu Kaffee, Kuchen, Brot, Nähzeug, Bier, Wasser, Zeitungen, Briefpa-

pier, Schreibzeug u. s. w. Der Dienst fordert Geld! Da staunst Du! 5 x haben wir Geländedienst von 10.00-15.00 od. 16.00. Er besteht aus Anmarschweg (ca. 2-5 km), 3-4 Std. in einer Kneipe die Geländeausbildung, Rückmarsch. Das kostet auch Geld.

Am nächsten Samstag kann ich vielleicht Sonntagsurlaub bekommen, von Samstag n. D. bis Sonntag Nacht. Nach Hause kommen lohnt sich ja nicht. Darum werde ich dann nach Hannover fahren. Wenn ich Glück habe, kann ich 6.00-7.00 abends da sein und müsste am anderen Tag um 17.16 wieder abhauen. Und für den Tag muss doch wieder

mein Portemonaie voll sein! Schick’ mir also bitte etwas, aber so, dass es Freitag hier ist!

Im übrigen hoffe ich, dass Günther mal ein kleines, nettes Bild vom Kommiss bekommt und sich im Dienst einmal mehr auf dem Bauche kriechend als auf Beinen gehend bewegt.

Mach’ Dir also keine Sorgen und lass’ es Dir gut gehen!

Die herzlichsten Grüsse sendet Dir
Gustav