Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 14. April 1940

Hannover, den 14. April 1940

Liebe Mutter!

In Hannover wäre ich also. Um 12.30 Donnerstag kamen wir hier an. Zuerst haben wir unsere Koffer aufgegeben, Adresse auf der T.H. geholt und sind auf Wohnungssuche gegangen. Furchtbar war das. Treppauf, treppab. 4 Std. lang. Natürlich ergebnislos. Wir haben uns dann im Hotel Petri niedergelassen. Am Abend haben wir uns von Brot und Wasser ernährt und lagen um 9.00 im Bett. Um 8.00 tags drauf gings los. Durch Zufall fanden wir für Schommers eine nette Bude. 30 Rm. In einer Pension. Kurz darauf fanden wir auch ein Wohnzimmer mit einem zweibettigen Schlafzimmer. Haben wir natürlich gemietet. 50 Rm. Macht für uns je 25 Rm. Die Wirtin ist schon sehr alt. Filia hospitalis ist leider nicht vorhanden. Wir können aber erst morgen einziehen. Damit wäre also die Wohnungsfrage erledigt. Die Essensfrage: Brauchts gar keine Angst zu haben, dass ich zu feudal lebe, solange ich mit Scheuble und Schommers zusammen bin. Zweimal haben sie es erst nach langen reiflichen Erwägungen über sich gebracht einmal warm in einem Hotel zu essen. Sonst

leben wir morgens, mittags und abends von Wasser und Brot. Ab Montag werden wir allerdings in der Pension von Schommers essen. 70 Pf. kostet das Mittagessen. Und soll wie uns gesagt wurde, gut sein. Abends und morgens wird unsere Wirtin uns Tee kochen und dann werden wir uns selbst verpflegen.

Bis morgen werden wir ja noch hier im Hotel schlafen müssen. Das kostet uns noch etwa 12 Rm. 4 x 2,76 Rm. Nur ist es uns hier sehr langweilig. Immatrikuliert werden können wir erst ab morgen. Denn es müssen hier noch zuerst Formulare gedruckt werden.

Morgen fangen meine Vorlesungen an. Stundenplan ist genauso wie in Darmstadt. Wird also klappen.

In Hannover gibt es nur etwas schönes und das sind die Grünanlagen. Hotels kenne ich nur zwei vom Essen. In einem Café war ich noch garnicht. Zigaretten zu kaufen ist technisch unmöglich!! denn es ist zwecklos in Hannover so etwas zu verlangen!! Die gibt es hier nämlich nicht mehr!! Wirklich!!!!!!!

„Denk’ also gelegentlich einmal bitte an deinen Sohn, den stud.ing. Gustav Roos!!!!!!!!!“

Gestern haben wir einen Bummel durch H. gemacht und alle Mädchen kritisch unter die Lupe genommen und bepunktet. 1-9 Punkte waren zu vergeben. 9 Punkte konnten wir nur einem Mädchen geben. Das meiste lag bei 3-5. Also unter Brühler Durchschnitt. Der Spruch „In Hannover an“ u. s. w. war also nicht von einem Eingeborenen. Wenn das noch einmal einer behaupten sollte, belehre in bitte eines besseren.

Bis jetzt habe ich ausgegeben, 3,85 M für Essen und je ein Bier. Für Brot 87 Pf Gepäck 35 Pf, eine Flasche. Das ist alles. Ich habe also noch 207,33.

Die Fleischmarken werden wohl auch bald eintreffen!

Und dann melde mich bitte auf der Polizei ab und schick mir bitte den Schein, den du behältst!

Jetzt will ich Schluss machen. Schicke den Brief auch sofort Vater! Meine Adresse ist jetzt

Herrn

„„„stud.ing.“““(!) G. R.

Hannover

Volgersweg = Volgersweg 26. bei Frau Berta Damm.

Also die besten Grüsse

an Dich,
Vater,
Günther;
und die Omas

euer in der Ferne lebender, strebender, Baubeflissener, im Bau zerrissener, am Bau besch...

Sohn