Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 28. Februar 1941

Braunschweig, d. 28.II.1941

Liebe Mutter!

Deine Briefe von dieser Woche alle mit heißesten Dank erhalten. Du überschüttest mich geradezu mit Briefen. Ich kann sie kaum noch lesen. Sie füllen meine ganze Freizeit. Hoffentlich schreibst Du auch weiterhin so eifrig!!

Na ja, nun zum Thema! Von Vaters Sache habe ich noch nichts weiteres gehört. Aber das wird ja auch nicht von heute auf morgen gehen. Darum will ich mich doch auf längeres Bleiben einrichten. Deshalb schick’ mir bitte (mit 650,- RM geht das!!):

1. Reine Taschentücher
2. 2 Garnituren Unterwäsche.
3. 2 Handtücher
4. 1 Spültuch (wegen mir in blau)
5. meine Sockenhalter.

Dann noch, aber das ist nicht unbedingt nötig: Zigaretten (aber dann nur gute zu 4 Pf. u. aufwärts, 3 1/3 gibt hier genug. Weiter schriebst Du mir Du hättest Butter zuviel. Wenn ja, dann kannst Du mir ruhig etwas zukommenlassen. Wenn man

den ganzen Tag auf Trab ist, dann hat man doch einen ganz anderen Appetit. Und weiter Brotmarken, wenn Du übrig, hast, sind mir auch willkommen, dann kann ich mir mal etwas Weißbrot zur Abwechslung holen. Dann die große Bitten; denn sie kostet Geld (aber was heißt schon Geld bei 650,-?) Mittags von 12-2 und abend von 6-9 ist Freizeit! Was soll man damit anfangen? Samstag und Sonntag von 4-9 und Sonntag den ganzen Tag. Was soll man damit anfangen? Darum möchte ich Dich bitten mir 1. doch 2 Zeitschriften zukommen zu lassen, z. B. die Frankf. u. Hamb. Und dann schickt mir doch ab und zu so alle 14 Tage mal ein anständiges Buch!! Das kostet zwar Geld, aber bei 650,- RM!!! Ich lege ein paar Bücher zu, die ich gerne hätte.

Mir geht es wieder gut. Dienstag u. Mittwoch hatte ich eine anständige Grippe mit 40° Fieber. Jetzt ist sie aber wieder weg. Nur einen Sauhusten habe ich noch. Aber der geht auch vorbei. Gestern haben wir Geländeflachrennen gehabt. Schöööön!! Und heute 20 km Marsch. Naaaass!!!

Sonst ist noch alles O.K. Man kann es bequem aushalten. (wenn es nur nicht 2! Jahre dauerte!)

Sonntag bekomme ich von Hannover Besuch. Das ist mal ’ne kleine Abwechslung!

Jeden Abend gehe ich jetzt zur Kantine! Von wegen Erkältung!! Da tut so’n s-teifer Grog gut!!! Ich bin jetzt auf einer anderen Bude mit dem Bürgermeister. Sie ist auch ganz i. O. Wir sind zu 8 Mann. Unser Stubenältester ist einer der beiden Truppführer aus dem R.A.D. Aber der ist gut. Zu 3 Unteroffz. sage ich jetzt schon Du. Also siehst Du, dass die halb so wild sind. Unser Chef ist Pfarrer, Dompfarrer von Halberstadt. Der Knabe ist gut. So und nun lasst bald mal was von Euch hören!

Ich trinke jetzt meinen „s-teifen“.

Also alles Gute Dir Günther u. den Omas

Heil und Sieg!

Bücher:

Knittel Therese Ettienn
Knittel Amadeus
Weismantel Leonardo da Vinci
Nietzsche Zaratustra
oder etwas andres von ihm
Oskar Wilde
Lehren und Sprüche