Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 15. Mai 1942

Russland, am 15.5.1942

Liebe Mutter!

Post habe ich natürlich noch nicht von Euch bekommen. Ich rechne aber stark, dass Ende nächster Woche ein Sack voll für mich eintrudelt. Es wird dann aber auch höchste Zeit!

Mir geht es gut. Wie gesagt, die Verpflegung ist zur Zeit etwas knapp, desgleichen auch die Rauchwaren. Aber wir hoffen, dass das sich wieder ändert, wenn die Strassen einmal wieder trocken sind. Das Wetter hat sich nun etwas geändert. Kalt ist es seit gestern nicht mehr. Aber leider regnet es noch oft, und nur selten kommt die Sonne durch. Es ist nun schon Mitte Mai, und noch immer nicht sieht man, dass die Bäume einmal grün werden. Man muss sich manchmal wirklich fragen: Wird es hier überhaupt einmal Frühling!?

Was wir nun so im allgemeinen machen? Wir liegen etwa 200 m vor der Rollbahn hinter einem Hügel, auf dem Kamm verläuft die H.K.L. und vor dem Hügel liegt der Russe. Der Russe kann also nur mit indirektem Beschuss an uns ran. Dann heisst es „eine Mücke machen“ und in die Bunker verschwinden. Sonst kann man sich im allgemeinen frei bewegen.

Wenn wir den Tag über nicht irgendwie mit unserem Nachrichtenzeug beschäftigt sind, na, dann wird sich entlaust, gewaschen oder es werden Verbesserungen an den Bunkern vorgenommen. Zu Überarbeitsanfällen kommt es natürlich nicht!

Es gefällt mir beim I./ sehr gut. 82 ist auch nicht mehr das alte. Von diesem Überstrammen ist keine Rede mehr. Dafür hat der Winter gesorgt. Ich bin nun erster Funktruppführer und der dienstälteste Funker der Staffel.

So und nun kommen auch schon wieder die ersten Wünsche: Das Zigaretten und süsse Sächelchen mir immer willkommen sind, brauche ich wohl kaum noch zu betonen. Dann schick’ mir bitte: Zigarettenpapier, Dochte und Feuerstein für Feuerzeug und, wenns geht, einfachen Zucker. Ich hoffe, dass Du auch wieder tüchtig Zeitschriften schickst!

Für heute nun Schluss!

Alles Gute und die herzlichsten Grüsse
Dir, Günther, den Omas u. T. Uta!

Heil und Sieg!
Gustav