Elisabeth Roos an Sohn Gustav, 9. November 1942

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Brühl, den 9.11.42.

Mein lieber Gustav!

Habe deinen Luftfeldpostbrief vom 25.10. dankend erhalten, und zwar erhielt ich ihn am Donnerstag nachmittag als ich von Köln kam, wohin ich Vater wieder an den Pariser Zug gebracht hatte. Vater war nähmlich einen ganzen Tag zu Hause. Er kam am Mittwoch hier an, und mußte Donnerstag wieder weg, er hatte etwas zu besorgen, und hat sich gleichzeitig seine Wintersachen mitgenommen. Seinen Urlaub will er sich nehmen wenn du hier bist, hoffentlich im Januar. Dann habe ich auch Weihnachten die Aussicht allein zu sein wenn Günther auch keinen Urlaub bekommt, denn Vater kann ja nicht Weihnachten kommen, wegfahren und dann wiederkommen. Aber das ist alles nicht so schlimm wenn ich weiß, daß wir im Januar wieder mal zusammen sein können, Günther wird ja auch Urlaub bekommen wenn sein großer Bruder von der Front in Urlaub gekommen ist. Also hoffen wir das Beste. Nun zuerst zu deinem Brief zurück. Du kannst dir ja denken daß dein Brief mich zuerst erschüttert hat, denn als ich von Köln nach Hause fuhr dachte ich nur, hoffentlich ist jetzt ein Brief von Gustav da. Und richtig es lag ein Brief da, aber du kannst dir ja denken wie mir wurde als ich las daß du zur Komp. versetzt bist, ich war so froh daß du beim Stab an der Vermittlung warst. Aber ich kann dich voll und ganz verstehen daß du dich entschlossen hast Offizier zu werden, es war recht so wie du es gemacht hast, als Student mußt du Offizier werden. Ich habe nur nicht gedacht daß du zuerst noch in der Front eine Gruppe führen muß, ich dachte du würdest dann sofort ins Reich kommen auf die Kriegsschule. Daß ich mir jetzt mehr Sorge mache ist

ja klar aber wo du schon so lange an der Front warst, hast du ja auch deine Erfahrungen gesammelt, und wollen wir hoffen daß du auch weiter Glück hast, ich werde viel für dich beten. Bist du nun auch mit warmen Sachen genügend versorgt, denn du schriebst mir ja daß du jetzt mehr im Freien sein mußt. Ich habe dir einen Pulover von mir geschickt, er ist ja nicht sehr schön, aber warm, wenn du ihn auf der Haut trägst, ich konnte nähmlich nichts warmes kaufen, es gibt nichts mehr in Wolle. Selbstgestrickte Pulswärmer, Handschuhe und Fäustlinge wirst du inzwischen wohl auch erhalten haben, und Oma hat ein paar Strümpfe schon wieder fertig gestrickt, die schicke ich mit dem nächsten Paket. Und dann hoffe ich auch daß ihr von der Wehrmacht aus mit warmen Sachen versorgt werdet, der Führer sagte es ja noch in seiner gestrigen Rede daß die Wehrmacht in diesem Winter besser versorgt wird. Sollte dir nun irgend etwas an warmen Sachen fehlen so schreibe sofort darum. Hast du einen Kopfschützer? Günther ist auch mit warmen Sachen versorgt, er hat dasselbe bekommen wie du, wenn er auch noch nicht in Russland ist, da oben wird es ja auch kalt sein, und du weißt ja er konnte nie gut Kälte vertragen, und mir ist es eine Beruhigung wenn ich weiß daß ihr mit warmen Sachen versorgt seid. Hast du schon Post von Günther aus Bremen erhalten, und was schreibt er dir wie es ihm gefällt? Eines wird ihm nun nicht gelingen, als er wegging sagte er mir, wenn es mir bei der Wehrmacht so gut gefällt wie beim R.A.D. bleibe ich dabei, dann bin ich schnell Offizier, auf jeden Fall lasse Gustav noch stramm stehen, das scheint ja nun jetzt umgekehrt der Fall zu werden. Oma von der Schützenstr. hat auch deinen Brief erhalten, sie hat sich sehr darüber gefreut, und dankt dir. Nun, mein lieber Gustav, möchte ich dich um eines bitten, schreibe mir jetzt bitte so oft es geht, damit ich beruhigt bin, es brauchen keine langen Briefe zu sein, wenn ich nur oft Post erhalte und ich weiß daß es dir noch

gut geht. Schreibe mir auch wie es dir gefällt und was du jetzt alles machen mußt. Heute traf ich Frau Caspari, sie sagte mir daß ihr Karlheinz auch O.A. geworden ist und irgendwo anders hingekommen ist, näheres wusste sie noch nicht. Es scheint also daß sie jetzt den Jahrgang 21 zu Offizieren machen. Ich war gestern bei Onkel Jupp und habe mit ihm über deine Versetzung gesprochen, er sagte auch du hättest es so richtig gemacht, es wäre ein Fehler gewesen wenn du es ausgeschlagen hättest, und er könnte es verstehen daß du als Student auch Offizier werden wolltest. Wir wollen also hoffen daß auch weiter alles gut geht, und wir uns im Januar alle gesund wiedersehen. Dann noch eins, wenn du jetzt keine kleinen Päkchen mehr bekommst, und auch nicht mehr so oft ein großes, so denke nicht ich hätte dich vergessen, nein ich kann es nicht mehr, weil ich auch mit einer Karte sehr knapp bin, und ich auch für die Weihnachtspäkchen sparen muß, und Günther ja auch in diesem Monat Namenstag hat. Aber zu Weihnachten werde ich dir einige schöne Päkchen schicken, die du hoffentlich in diesem Jahre erhälst.

Sonst ist hier noch alles beim alten, und will ich für heute mal wieder schließen, ich wünsche dir alles Gute und herzliche Grüße und Küsse von deiner Mutter.