Toni Roos an Sohn Günther, 19. August 1944

Reims den 19. August 44

Mein lieber Günther!

Noch rechtzeitig sind wir aus Paris herausgekommen und heute geht es, wenn nichts dazwischen kommt über Luxemburg, Echternach Bitburg Münstereifel heim ins Reich.

Die Amerikaner sind gestern Abend in Paris einmarschiert. Paris ist als offene Stadt erklärt worden und nach einigen Kämpfen in den Vorstädten geräumt worden. Es ist mit einem Worte gesagt ein Elend, da der Nachschub vollständig versagt und die Truppen sozusagen mit der blanken Waffe kämpfen müssen.

Gestern Abend sind die letzten von uns von Paris angekommen. Wie ich hörte ist die franz. Polizei von uns entwaffnet worden. Die Terroristen haben die Bahnhöfe gestürmt und alles was ihnen an Deutschen in den Weg kam über den Haufen geschossen. Zuletzt hat die SS die Säuberung der Strassen vorgenommen und wie man mir erzählte soll daraufhin wieder einigermassen Ordnung eingetreten sein.

Dass es so kommen würde, war voraus zu sehen aber nicht zu vermeiden. Es sind eben Franzosen, die die Deutschen als Feinde betrachten, die sie wohl oder übel dulden mussten. Ob man nun die Leute als Terroristen ansprechen kann bezweifele ich sehr, denn wir haben im gleichen Falle Schlageter u. a. ja auch als Freiheitskämpfer bezeichnet.

Alles ist Scheisse, alle Wagen sind auf dem Hund und wie sich die Sache entwickeln wird, weiss man nicht. Heute sollten wir einen Lastwagen bekommen, aber ich glaube nicht eher daran, bis er hier ist, anderenfalls werden wir noch geschnappt ehe es so weit ist.

20/8. Ein sechssitziger Personenwagen ist von Dieppe durchgekommen über Paris. In Paris ist die Hölle los. Der Mob beherrscht die Straßen, die SS greift eisern durch, dann ist vorübergehend wieder Ruhe.

20/8. Wir fahren vor über Vonzier in Richtung Montmedy. Der Wagen bockt aber er fährt. Wir fahren vor, die Kolonne mit LKW und 2 PKW folgen morgen. Wir haben für unseren schweren Renaut 5 Sack Holzkohle. Der Herr Direktor hat sich schwer verpisst und hat uns gesagt seht wir ihr wegkommt. Schöner Gefolgschaftsführer.

20/8. 25 km hinter Vonzier liegen wir in einem Walde fest. Batterie im Arsch. Nach 1 stündigen Arbeit haben wir den Karren zum Laufen bekommen und der Ort Boncancy erreicht. Die Bevölkerung zeigt ablehnendes Verhalten. Die Luft ist dick da nach Aussage eines

Franzosen die Gegend voller Terroristen steckt.

20/8. Wir werden von SS abgeschleppt. Fabelhafte Kerle und sind gegen 19 Uhr in Steney. Gott sei Dank hier liegt Militär. Die Bevölkerung ist anständig. Wir haben Quartier und essen seit 48 Stunden zum erstenmal wieder warm. Das Durcheinander ist groß. Hier liegt ein Werkstattzug, welcher feststellt, daß ein Pleuellager zum Teufel ist. Ersatzteil nicht zu bekommen müßen evtl. nach Montmedy abgeschleppt werden.

21/8. Soeben kommt ein Soldat zurück, und meldet, daß sein Hauptmann und Fahrer an der Stelle, wo wir gestern festlagen von ca. 30 Terroristen erschossen worden ist die mit MG und Maschinenpistolen bewaffnet waren. Eine Kompanie rückt zur „Wiederherstellung der Ordnung“ aus.

Wir warten immer noch auf unsere Leute. Wie wir hören sind die Grenzen nach Deutschland versperrt. SS hat uns mit Zigaretten u. Schnaps versorgt. Mit unseren Ausweisen kommen wir nicht über die Grenzen, wir haben also Zeit. Geld haben wir auch und der Wirt bei dem wir liegen macht uns ein tadelloses Essen.

22/8. Morgen fahren wir nach Montmedy da der Werkstattzug unseren Wagen einigermaßen fahrbar gemacht hat. Wir warten noch auf Kolonne, da wir geschlossen über die Grenze kommen sollen.

Schreibe nach Münstereifel, wo ich bleiben werde ca. 4-5 Tage mit den Leuten zu Neueinzug in der Eifel.

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Gruß u. Heil Hitler Vater