Günther Roos an Mutter Elisabeth, 19. Juli 1942

Kamperfehn, den 19.7.42

Liebe Mutter!

Heute, auf Sonntag, will ich Dir mal wieder schreiben. Der Tag fing so schön an. Die Isolierung dauert noch eine Woche an. Ja, um 8 Uhr sind wir erst aufgestanden. Dann haben wir uns gemütlich angezogen und gefrühstückt. Dann wurde nichts getan. Das Mittagessen war so in Ordnung. Es gab Braten, Erbsen und Kartoffeln. Waren dicke satt. Dann haben wir uns in die Falle gelegt. Die Anderen machten einen Ausmarsch. Da kam um 3 Uhr der Truppführer, und verlangte von uns, wir sollten in 2 Minuten draußen sein. So eine Frechheit! Nach 10 Minuten trudelten wir erst so langsam ein. Aber, ich kann Dir sagen, der hat uns munter gemacht. Zuerst kam ein netter Maskenball in Rekordzeit. Dann kamen die Ehrenrunden um das Lager. Wir waren froh, als um 5 Uhr die Abteilung wiederkam, denn da mußten wir schleunigst in die Bude. Ja, und jetzt sitzen wir hier abgekämpft und warten auf das Abendessen. Das war ein „Tag des Herren“!

Sonst kann man das Leben hier noch immer ganz gut ertragen. Wir haben jetzt ein nettes Lied für unsere Stube: „Wir traben in die Weite/ der Spaten steht im Spind/ der RAD macht pleite/ wenn wir

entlassen sind/ Und fragen uns die Leute/ Warum geht Ihr nach Haus?/ Dann schreit die ganze Meute/ Hier hälts kein Schwein mehr aus!“

Gerade erfahre ich eine schöne Neuigkeit. Morgen ist schon um 5 Uhr Wecken. Das kann ja heiter werden. Gerade kommt ein schönes Kommando: Fertigmachen zum Abendessen. Es gibt Milchsuppe, Brot, Butter und Wurst. So will ich jetzt auch schließen. Aber zuerst noch einige Wünsche: Brustbeutel, Rauchwaren, Plätzchen oder Kuchen, Karamellen oder Zucker, Schmirgelpapier, Datteln. Dann kannst Du mir auch mal ab und zu den WB schicken, und natürlich die Hamburger Illustrierte. Und noch eins: Siehe mal bitte zu, ob Du ein Taschenmesser mit großer Klinge und Kette, und einen weichen Bleistift Nr. 1. So, jetzt aber Schluß. Viele Grüße an alle Verwandten und Bekannten und natürlich an Dich

Heil und Sieg
Günther

Das Essen ist vorüber und ich bin dicke satt. Habe 2 Teller Reissuppe gegessen und 4 Schnitten Brot. Mein Briefpapier geht so langsam zu Ende. Habe noch für 10 Briefe. Sieh doch bitte schon jetzt zu, ob Du etwas erhälts.

Viele Grüße
Günther