Günther Roos an Mutter Elisabeth, 14. Mai 1944

Celle, den 14.5.44

Liebe Mutter!

Zuerst einmal zu dem Hauptzweck des Briefes. Heute in einer Woche ist Muttertag. Zu diesem Festtag wünsche ich Dir alles Gute.

Du ärmste musst nun diesen Tag einmal wieder im wahrsten Sinne des Wortes mutterseelen allein verleben. Hoffentlich ist es das letzte Mal. Ja, und was soll ich sonst noch alles schreiben? Es ist so schwer und die Phrasen der Zeitungen möchte ich nicht abschreiben. Ich glaube Du verstehst schon was Ich meine. Also, liebe Mutter, alles, alles gute zu deinem Festtage.

Mir geht es nach wie vor tadellos. Hier ist das herrlichste Frülingswetter. Gestern bin ich nachmittags mit einem Paddelboot die Aller hinaufgepaddelt. Nach etwa zehn km. habe ich dann gedreht, mich im Boot zurückgelegt, gelesen und bin so die Aller wieder hinunter getrieben. Es war einfach wundervoll. War so von drei bis zehn Uhr unterwegs. Im Gesicht bin ich schon ganz schön verbrannt. Eben waren wir mit dem Lehrgang in einem Kammerkonzert. Heute Nachmittag habe ich nun leider Luftschutzwache und muss im Bau bleiben.

Nun zu dem Geschäftlichen Teil. Habe mir Gestern eine Uniform beim Schneider bestellt und gestern Mass nehmen lassen. Mit diesem Akt beginnen nun die Unkosten. Was wir hier an Bekleidungsgeld bekommen wird wohl kaum ausreichen. Vor allen Dingen besteht die Frage wann wir dieses Geld erhalten. Schicke mir also bitte sofort Geld. Ich mache Dir nun folgenden Vorschlag. Da ich wahrscheinlich in Kürze grössere Summen benötige, ich aber noch nicht weiss, wieviel lösen wir wohl am besten die Frage auf folgendem Wege: Du zahlst auf mein Postsparbuch 300 bis 400 Mark ein. Dann schickst Du mir das Buch per Einschreiben-Wert. Getrennt vom Buch die rote Ausweiskarte ebenfalls als Einschreiben mit beiliegenden gelben und orange Abholungsscheinen. Achte aber darauf, dass die Nummern übereinstimmen und Du mir nicht die Karte von einem anderen Buch schickst. Sende mir aber das Geld bitte sofort. Weiter folgendes: Bekomme hier

auch, die Reithose umgeändert. Schicke mir also die Hose mit dem Besatzleder .Diese Sachen brauchen aber erst nach Pfingsten d.h. Anfang Juni einzutreffen. Wegen Stifel frage ich hier auch noch einmal nach und dann kann der werte Herr Hambücken sehen wo er Schnaps herbekommt. Hoffentlich hast Du den Schlafanzug und Sporthemd schon abgeschickt. Auf den Zirkelkasten warte ich nach wie vor.

Zum Abschluss also noch einmal zusammenfassend: geld sofort in Form eines Postsparbuches per Einschreiben – Wert etwa 300-400 Mark. Bis Anfang Juni die Reithose mit Besatz-Leder.

Nun will ich aber einmal schliessen. Nochmals alles Gute zum Muttertag! und viele Grüsse.

Heil und Siegl
Günther