Günther Roos an Mutter Elisabeth, 11. Juli 1944

Celle, den 11.7.44

Liebe Mutter!

Heute erhielt ich Deinen Brief vom 7.7. Vielen Dank! Daß es mit dem Einmachen ein Fiasko ist, kann ich mir lebhaft vorstellen. Dann hast Du ja jetzt auch genug zu tun, An die Geburtstage habe ich auch schon gedacht, und die Briefe sind schon unterwegs. Daß der alte Pink in den Himmel eingegangen ist, ist kein Verlust für Deutschland. Daß der schöne Hugo Uffz. geworden ist, erschüttert mich nicht. Mich wundert in dieser Beziehung nichts mehr. Mit dem Anzug hat es folgendes auf sich: Als Offizier - falls ich es werde - kann ich in Uniform nicht mehr das tun, was ich als Uffz. machen konnte. Dann ist Zivil, besonders im Sommer, bedeutend bequemer als die dicke Uniform, Anbei schicke ich meine Maße. Metternich wird schon damit zurecht kommen. Er soll schon zuschneiden, damit ich nur noch anzuproben brauche, und somit in 2 bis 3 Tagen den Anzug haben kann. Würde mich auf jeden Fall sehr freuen. Er soll einen Sportanzug bauen. Hose lang genug und unten weit. Den Rock etwa in der Form des hellen, alten Anzuges, damit ich ihn auch eventuell auf Reithosen tragen kann als Räuberzivil. Also spreche mal mit dem guten Mann und teile ihm meine Wünsche mit. Hoffe, daß er

das richtige trifft. Bringe also den Stoff, und zwar nach Wunsch den grauen, zum Schneider, damit die Sache noch klappt! In den nächsten Tagen, spätestens bis Sonntag werden wir wohl endlich Gewißheit bekommen, ob wir es geschafft haben. Ende letzter Woche sind die Entscheidungen gefallen. Somit ist also mit der Beförderung zum Wachtmeister für die, die bestehen, zu rechnen. Bin mal gespannt. Mitte August werde ich dann auf Urlaub kommen, und zwar in der Zeit vom 10. bis 12 August.

Bis Samstag war hier ein herrliches Wetter. Hatten so für Sonntag eine Tour vor, da es der einzige Sonntag des Monats ohne L.S.-Dienst war. Unsere ganze Stube hatte sich von der Verpflegung für Sonntag absetzen lassen und Boote gemietet. Wollten die Aller etwa 20 km hochpaddeln, hier zu Mittag essen und uns dann zurücktreiben lassen. Doch mit des Geschickes Mächten …. Um 5 Uhr ließen wir uns von der Wache wecken. Als wir aus dem Fenster sahen, waren wir einer Ohnmacht nahe. Der ganze Himmel grau-schwarz. Hatten pro Mann 13 Stücke Kuchen. Die haben wir vor Wut zuerst einmal gefuttert, und dann sind wir wutschnaubend wieder ins Bett gekrochen. Dann haben wir Reichstag gespielt und disputiert, ob wir nun sollen oder nicht. Als es dann so aussah, als würde es doch etwas heller, entschlossen wir uns, doch zu fahren, und wenn es junge Hunde regnet!

Also los. Wir waren jedoch kaum 1 km gepaddelt, als es zu regnen begann. Nachdem wir genügend geflucht hatten, legten wir an, banden die Flaschen Sekt los, die wir zur Kühlung an das Boot gebunden hatten, legten uns unter einen Baum und spülten den Zorn herunter. Leicht beschwips' kehrten wir nach Celle zurück um 11 Uhr. Anschließend haben wir gemeinsam im Ratskeller gegessen, bei Wellblech Kaffee getrunken und sind dann ins Kino gegangen. Da war es Zeit zum Abendessen, das wir dann bei Borchers eingenommen haben. Hundemüde sind wir um 9 Uhr abends dann ins Bett gekrochen. Wenn man sich etwas vornimmt, geht bestimmt alles schief. Soweit der Sonntag

Marken habe ich keine mehr notwendig. Muß zuerst einmal die alten verfressen, da sie ja am 26. verfallen. Brauchst also nichts zu schicken. Jedoch kannst Du mir ein Päckchen Belgischen Tabak schicken, die im Buffet liegen, falls das Paket von Ernst Pfeil nicht so bald ankommt.

Dann habe ich noch eine interne Frage: Sind die Charles von der Hermannstraße verschnupft, daß ich sie in dem letzten Kurzurlaub von 20 Stunden nicht besucht habe? Seitdem habe ich nichts mehr

von ihnen gehört, obwohl ich mittlerweile an sie zwei Briefe geschrieben habe. Was ist also da los?

Nun will ich aber einmal schließen. Es geht mir tadellos. Im übrigen ist heute in 29 Tagen der Lehrgang zu Ende.

Alles Gute und viele Grüße auch an Oma.

Heil und Sieg!
Günther