Gustav Roos an Vater Toni, 30. Juni 1940

Auf dem Vormarsch, d. 30.6.41

Lieber Vater!

Wie ich annehme, bewegen wir uns beide in gleicher Richtung, nur ich wohl etwas mehr im Norden. Es geht mir, na, kriegsmässig; während Du wahrscheinlich im komfortablen Mercedes fährst, laufe ich mir die Hacken wund, und gerade das ist es, was uns immer wieder erregt. Tippeln, tippeln! Ich meine, laufen sollen die Russen, ja, aber dass sie so rennen, ist geradezu gemein; denn wir müssen immer dahinter sein. In einer Woche

sind wir nun etwa 250 km getippelt. Unter den Umständen hier bestimmt eine Leistung!

Wo wir sind, was los ist, davon haben wir keine Ahnung. Dienstag sind wir nach 2 Tagen Marsch nach Norden, dann mal wieder nach Süden, bei Brest über den Bug gegangen und von da an: Hauptmarschrichtung N-O. Bis heute sind wir noch nicht mit russ. Truppen zusammengestossen, nur mit Heckenschützen, und hatten 2 Mann Verluste.

Fortsetzung am folgenden Tage

Es ist kurz vor 12.00. Ich habe meine erste Feldstellung bezogen. Auf einem kleinen Hügel, mitten im Weizen. Die Brustwehr ist ausgehoben. Fertig zum Schiessen. Der Russe ist aus der Umkesselung an einer Stellung durchgebrochen und wir sollen nun den Stoss auffangen. Ahoi!! Was nun kommt, ist abzuwarten. Etwas vom Essen: Unsere Portionen sind sehr dünn. Zudem empfangen wir immer für 2 Tage im Voraus, so dass am 2. schon alles weg ist. Zu organisieren ist hier auch nicht gerade viel: Milch u. Eier, wenns gut geht. Das Volk hier ist schon voll-

kommen ausgepovert [=?] von den Russen. Zu klagen habe ich über die verfluchte Hitze. Die macht einen vollständig groggy. Unsere Führer sind so lala. Achtung! Links bellt ein M.G.! So, allmählich wird es Zeit!

Heute abend nächste Forts.

Also, Heil und Sieg!
Gustav.