Toni Roos an seine Frau Elisabeth, 25. Juni 1940

25.6.1940

Liebes Lieschen! deinen Brief mit vielem Dank erhalten. Und freue mich, daß es dir noch gut geht, was ich auch von mir behaupten kann. Gustav hat mir einen Brief geschrieben den ich dir einliegend zur gefl. Kenntnisnahme aushändige, kannst daraus ersehen, in welcher finanziellen Kalamität sich dein Sohn befunden hat. Haben gestern einen kleinen Abstecher nach Bernkastel gemacht und bei dieser Gelegenheit einen anständigen gehoben. Die Fahrt war herrlich. Im Anschluß daran hatten wir im Schloßkaffe einen Kameradschaftsabend von meiner Gruppe und haben zu 9 Mann 50,- Rm für das Rote Kreuz gesammelt. Um 1.35 Uhr haben wir den Waffenstillstand miterlebt und sind alsdann nach Hause geschaukelt. Hier in Trier ist soweit alles beim Alten geblieben. Fliegerangriffe haben wir keine mehr behabt. Unmengen von Truppen u. Endlose Züge von Gefangenen kommen hier durch, weiße u. farbige Franzosen in allen Farbtönen. Die Gefangenen machen einen kaum beschreiblichen Eindruck. Die Weißen sind in furchtbar gedrückter Stimmung, die Farbigen sehen verängstigt aus und der ausgestandene Schrecken haftet noch ihrem Blick an. Gestern sprach ich mit einem unserer Techniker, welcher in Charleville war und das Gebiet der Schlacht durchfahren hatte. Er sagte es sei furchtbar. Die deutschen Gefallenen waren schon bestattet, aber die Franzosen lagen noch an manchen Stellen in Haufen übereinander, aufgedunsen von der Hitze zwischen zerstörten Kriegsmaterial und aufgequollenen Pferdekadavern. Es sei ein Geruch gewesen, den er nach 2 Tagen noch in der Nase hatte. Dörfer und Städte habe er durchfahren in welchen kein Stein mehr auf dem anderen stehe, eine Stätte des Grauens. Wir können nur froh sein, daß der Kampf nicht bei uns im Lande stattgefunden hat. Ich will ja nun nicht annehmen, daß es heute noch Leute gibt die dies statt dem Führer dem lieben Gott in die Schuhe schieben. Was einige Tage Urlaub von mir anbelangt, so habe ich beschlossen vom 12.-15. in deiner unmittelbaren Nähe zu verweilen. Teile mir bitte mit, ob diese Zeit in deinen Kalender passt. Gustav kommt auch in dieser Zeit für 14 Tage nach Hause. Rubidikabais dat gitt e Fais. Heute bin ich fruchtbar müde werde gleich in sämtliche Betten verschwinden. Du kannst dann Ende Juli mal ein paar Wochen nach hier kommen, wenn die Rasselbande in der Ernte ist. Voraussichtlich geht es Ende August Anfang September nach Antwerpen oder Ostende,

kann aber auch noch Oktober darüber werden. Habe zudem sehr schöne Sachen, die ich Dir demnächst mitbringen werde.

Sonst hier nichts Neues. Was gibt es in Brühl gar nichts Neues? Bestelle Günther ich danke ihm auch für den großen Quittungsbrief.

Gruß an Dich Günther u. d. Olle
Heil Hitler!
Tony.