Gustav Roos an seine Eltern, 9. April 1941

Bergen, den 9.4.1941

Liebe Eltern!

Heute morgen brachte mir ein Kamerad aus dem Lager die 25,-! Vielen Dank! Was das ist, 25,-, das kann nur ein „Landser“ wissen. Ausserdem bekam ich heute morgen Deinen Brief vom 31.3. Das ist der erste Brief der von Oqq77 zu mir rüberkommt. Darin erfuhr ich zuerst, dass Scheubles Mutter gestorben ist. Das ist ja furchtbar! Der arme Flöns.

Von Vater höre ich überhaupt nicht’s mehr. Nur ein Brief kam über Braunschweig noch nach hier, worin er mir schrieb, er sei in der Zeit vom 9.-16. in Brühl. Wann ich das nächste Mal nach Brühl komme, das wissen die Götter. Vorläufig jedoch kaum. Trösten wir uns mit Weihnachten! Nun zu mir: Ja, neues kann ich Euch mit dem besten Willen nicht erzählen. Ein Tag ist wie der andere im Lazarett. Aber ich weiss etwas von meiner „Krankheit“. Wegen Masernverdacht wurde ich eingeliefert und liege nun zur Beobachtung hier. Meine Blutkreissenkung stimmt nicht, das heisst, mein Blut ist verunreinigt. Das wäre alles. Schreibt’ mir bitte sofort wieder!

Nun noch ein paar Worte an mein Stück Bruder!

Lieber Jünni!

Deinen guten Willen, überhaupt einmal zu schreiben, erkenne ich ja an. Aber dass ich mich tagelang hinsetze, um dieses Wirrwarr von Kurven und Strichen zu entziffern, das kann keiner verlangen. Eine Frage im Vertrauen schreibst Du etwa mit einer Zahnbürste oder vielleicht mit dem Daumen? Hyroglyphen sind, wenn man Deinen Brief sieht, eine harmlose Spielerei!! Hast Du eigentlich Schreiben gelernt, oder ziehst Du so auf gut Glück Striche? Ja? Na, das dachte ich mir doch!

Ich lege Deinen Bogen bei. Er ist ein Prachtstück!

Ganz abgesehen von der Schrift. Nein, schon allein die Tinten-, Schmutz- und Fettflecken, dazu noch die Eselohren, setzen jeden gewöhnlichen Menschen in einen Zustand tiefsten Erschauderns! Steck’ in Dir hinter den Spiegel!!! Zeig’ ihn nur ja nicht einem Pauker. Dessen Reaktion wäre: „Kaum sah er ihn, da sank er hin und ward nie mehr gesehn.“

So, nun wünsche ich Euch allen viel Spass die Ostertage über!

Schreibt’ mir bitte bald wieder!

Heil und Sieg!

Gustav