Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 12. Juni 1942

Russland, am 12.6.1942

Liebe Mutter!

Die letzten Tage blieb mir leider nicht viel Zeit zum Schreiben. 3 Tage war ich einmal bei der Kompanie als Strippenzieher. Als ich zurück zur Staffel kam, hatten wir gerade einen neuen Funkapparat bekommen. Das Ding sollte ich nun prüfen und ausprobieren. Das habe ich dann 3 Tage lang gemacht. Entfernungen, Dauer des Akkus, Einflüsse der Geländegegebenheiten, alles habe ich festgestellt. Während unser altes Funkgerät 2 Apparate pro Station besitzt, und 2 Mann zum Tragen nötig sind, besitzen wir nun nur noch einen kleinen Apparat, der nur 24 Pfd. wiegt. Und so bin ich dann losgetigert, Gerät auf dem Rücken, Kehlkopfmikrophon und Kopfhörer um. Ich bin überall, wo es ging gewesen. Auf einem See, in Tälern, Wald, in den vordersten Gräben, ich ha-

be mich auf das Trittbrett eines Autos geschwungen und bin die Rollbahn entlang gefahren.

Der ganze Betrieb war etwas für mich und hat mir Spass gemacht. Gestern musste ich nun zum Regiment und dem Oberst den Apparat vorführen. Als ich fertig war, fing er an zu fragen, was ich wäre von Beruf, wie alt, u. s. w. Und dann auf einmal, wie es mir bei den Nachrichten gefalle? Gut! Na, ob ich nicht Lust habe, in der Kompanie eine Gruppe zu übernehmen und O. A. zu werden? Das möchte ich mir zuerst überlegen! Er würde noch einmal darauf zurückkommen, sagte er, und dann konnte ich abhauen.

So stehen nun die Aktien. Falls er wirklich noch einmal darauf zurückkommen sollte, werde ich wohl ja sagen müssen.

Morgen gehe ich nun endgültig zur Division zu dem Funklehrgang. Ich hoffe, dass ich mich in dieser Zeit einmal wieder erholen kann.

Es geht mir noch gut. Mein Appetit nimmt noch zu, und das will doch etwas heißen! Unsere Verpflegung ist noch immer tadellos. Wir bekommen pro Tag 750 g Brot, 120 g Fleisch, Fisch oder Käse, 40 g Butter, Margarine oder Schmalz, alle 3 Tage 75 g Marmelade, ab und zu auch Schnaps und Drops und ausserdem bekommen wir fast immer das an Rauchwaren, was uns zusteht. Ich glaube so eine Verpflegung kann man gut nennen!

So und nun will ich Dir einmal etwas von unserem Bunker erzählen:
Zuerst mal ein Querschnitt durch das Gelände:

unser Bunker   Rollbahn   Buche   Stellung   Russe

Na, als wir hier einrückten, bestand der Bunker schon. Nun haben wir die ganze Zeit über an seiner Ausbe[..]ung gearbeitet. Und heute sieht er nun prima aus! Wir hausen zu 10 Mann drin. Der Staffelführer, 2 Unteroffiziere und 7 Mann.

Anders, als beim III., ist hier das Verhältnis zwischen den Unteroffz. und uns. Es geht alles „ruhig“ zu. Und das ist die Hauptsache!

Du siehst, ich bin mit allem zufrieden und so kann ich es ganz gut aushalten. Mit den Läusen hat es auch etwas nachgelassen und ausserdem hoffe ich bei der Division einmal entlaust zu werden.

Sobald ich bei der Div. Zeit habe, bekommst Du wieder Nachricht.

Für heute nun alles Gute
und die herzlichsten Grüße
Dir und Günther!

Heil und Sieg!
Gustav

Ich quittiere dankend den Empfang von:
1 Päckchen No. 1 und 2 mit 10 R6, 25 Goldsiegel, 1 Taschent.
2. 6 Folgen der „Frankfurter“
3. 6 Folgen der „Hamburger“
4. 6 Folgen des I. B.