Elisabeth Roos an Sohn Gustav, 25. September 1939

Brühl, den 25. Sept. 39.

Mein lieber Gustav!

Hoffentlich hast du inzwischen das Päkchen und 1 paar Socken erhalten, ich konnte nicht mehr hinein tun da es ja nur ½ Pfd. schwer sein darf. Heute erhielt ich den Brief von dir den du an Vater geschrieben hast, habe ihn sofort nach Trier befördert. Du schreibst daß es dir ausgezeichnet geht, ist das wirklich wahr? das würde mich ja freuen. Nun habe ich dir eine große Neuigkeit mitzuteilen, Siegberg, Classen und Frericks sind vorige Woche nach hause geschickt worden, um weiter zu studieren. Alle die Chemicker, Arzt oder Apotheker werden wollen sind aus dem Arbeitsdienst entlassen worden weil der Staat Nachwuchs braucht, Frericks hat noch frühzeitig umgesattelt er wird jetzt Arzt. Was sagst du nun? Die andern sind noch alle im Arbeitsdienst wie du auch. Nun habe ich Samstag mit Siegberg gesprochen und Frericks sagte es auch, sie waren nähmlich vorige Woche beim Wehrkommando und beim Gauarbeitsdienst, daß der Arbeitsdienst im Laufe des Oktobers alle entlassen würde und nach Hause schickt, von da aus folgt dann die Einberufung zur Wehrmacht, aber erst wenn der Jahrgang einberufen wird. Die Freiwilligenmeldung gilt nur für den Frieden, jetzt im Kriege muß jeder sich stellen wenn der Jahrgang an der Reihe ist, dann käme die Einberufung für dich ja vorläufig noch gar nicht in Frage. Hör dich mal um ob es an dem ist, dann würdest du ja vorläufig nach Hause kommen, und der Krieg wäre für dich hoffentlich zu Ende. Werde auch Vater mal davon schreiben. Was macht der Krieg überhaupt, ist er schon gewonnen ehe er angefangen hat, es scheint daß der Franzose wirklich keine Lust hat. Wie ist es nun bei euch in der Eifel, ist es schon tüchtig kalt

in der Nacht, und liegst du auch warm, ich denke immer abends an dich wenn ich mich ins Bett legen kann. Wie ist es nun mit eurer Arbeit, müßt ihr tüchtig ran, und was macht ihr jetzt abends, wenns so früh dunkel ist. Wir bekommen hier so langsam auch alle Beschäftigung. Günter hatte Samstag von morgens 8 Uhr bis abends 8 Uhr bei der Kreisleitung in Köln Dienst, gestern mußte er Lebensmittelkarten mit austragen. Ich muß diese Woche einen Luftschutzkursus mitmachen, von Montag bis Freitag jeden nachmittag von 4-7 Uhr. Vorige Woche habe ich nun eingemacht, alle Gläser habe ich voll, was du in diesem Sommer an frischem Obst nicht gegessen hast, wirst du im Winter zu Hause alles nachholen können. Sogar Bohnen im Topf kannst du haben. Dann kann ich dir noch eine sehr traurige Mitteilung machen, der erste vom Gymnasium der in Polen gefallen ist, ist Heinrich Krantz aus der Konigstr. der augenblicklich aktiv diente. Ist das nicht traurig, du hast ihn doch auch gut gekannt. Sonst ist hier noch alles beim alten, es geht uns soweit noch gut was ich wohl auch von dir annehmen darf. Zu essen haben wir auch auf unsere Karten genug, wenn ja auch manches knapper geworden ist. Vater hat uns Samstag ein Paket geschickt, die Sächelchen werde ich aber verwahren bis ihr beide mal zusammen zu Hause seid. Dann werden wir nochmal Wiedersehen feiern, hoffentlich dauert es nicht mehr allzu lange. Ich muß nun Schluss machen da ich Vater auch noch einen Brief schreiben muß. Hoffentlich bekomme ich auch bald von dir einen Brief. Schreibe mir auch ob du die Socken bekommen hast.

Also alles Gute und recht herzl. Grüße und Küsse
Mutter.