Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 6. Oktober 1942

Russland, am 6.10.1942

Liebe Mutter!

Dass ich nun einige Tage kaum schreiben konnte, lag daran, dass es hier an der Vermittlung gewaltig viel zu tun gab. Zu nur 2 Mann mußten wir uns Tag und Nacht am Klappenschrank ablösen, dazu kam dann noch all der übrige Kram. Ich bekam auch nur sehr wenig Schlaf. Heute lösen wir uns nun wieder mit 3 Mann ab. Das geht wieder einigermassen.

Feindlage: Geringe Artillerie und Spähtrupptätigkeit. Keine großen Sachen. Vorgestern haben allerdings unsere sämtlichen Inf.-Waffen und alle schweren Waffen, wir haben davon eine ganze Menge, einen ganz gewaltigen Feuerschlag auf die russischen Stellung gelegt, dem Russen eine Menge Bunker zerstört und Stellungen zermülmt. Ein Stoßtrupp hat bei dieser Gelegenheit 8 Gefangene gemacht. Heute war ein russischer Späh-

[trupp] auf unserer Seite. Im Wald hat er Leute von uns angefallen. Darauf hin wurden diese verdammten Wälder durchkämmt, der Rückweg abgeschnitten, gefunden aber wurden sie nicht. In diesen Wäldern läuft man ja auch glatt an einem ganzen Regiment vorbei.

Heute morgen war ich einmal wieder im Trossdorf zur Sauna, und fühle mich nun wie neugeboren. Regelmäßige Bäder und Wäschewechsel haben bisher auch die Einnistung von Läusen in allzugroßer Zahl verhindert. Am Tage findet man höchstens 2-3. Sozusagen haben wir gar keine mehr. Wenn Anfang nächster Woche die Entlausungsanstalt fertig ist, wird es noch besser damit. Ausser unserm Kopfschützern und Handschuhen haben wir auch schon eine zweite Wolldecke erhalten.

In diesem Jahre kann man schon beruhigter einem Winter

entgegensehen. Für unsere Winterbekleidung ist gesorgt, die Läuse werden uns nicht auffressen, wir haben anständige Bunker, können sie heizen, die Stellungen sind gut ausgebaut und mehrfach verdrahtet. Und die Verpflegung ist, wie ich schon in allen Briefen sagte, tadellos.

Nebenbei, die Rede Hermanns haben wir auch alle hier gehört und waren schwer begeistert. Es hat uns sehr gefreut, dass ihr zu Hause nun auch wieder etwas mehr bekommt. Gerade bekam ich ein Päckchen von Vater mit Bonbons, Drops und Schokolade, dazu auch einen Brief. Es geht ihm noch gut.

Ich lege heute wieder eine kg-Päckchenmarke bei. Meine verschiedenen Wünsche kennst Du und so wirst Du wohl die Päckchen vollbekommen ohne selbst zu verhungern.

Vor allem denk’ bitte an Briefpapier, schick’ bitte genug und regelmässig; denn mit diesem Artikel ist es bei uns eine Katastrophe.

Was macht Jünni, der stolze Arbeitsmann noch er soll mir bald einmal schreiben!

So und nun für heute alles Gute und die herzlichsten Grüße
sendet Dir, Günter und den Omas
Gustav