Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 25. Juni 1942

Russland, am 25.6.1942

Liebe Mutter!

Gestern Abend bekam ich den Brief von Günther, in dem er mir seine bevorstehende Einberufung zum R.A.D. mitteilt. Das ist ja nun für ihn ein Schlag ins Kontor, aber nicht nur für ihn, sondern auch Dich trifft das. Nun wirst Du ganz allein sein. Es wird Dir ja sehr schwer fallen, aber denke daran, wieviele deutsche Mütter müssen dasselbe und noch schweres tragen. Und weine nicht zuviel, sei stolz darauf, dass auch Deine Söhne mit für die Heimat und Deutschland kämpfen! Und wenn wir nach dem Sieg nach Hause kommen, dann wollen wir unsere Mutter genau so wiedersehen, wie wir gegangen sind!! Also, liebe Mutter, weine nicht und mach’ es uns auch leichter, von Zuhause weg zu sein! Einmal wird dann der Tag wieder kommen, wo wir alle vier wieder zusammen sind und die Hoffnung darauf soll uns helfen, all das Schwere dieser Zeit leichter zu ertragen!

Gestern bekam ich auch zwei Päckchen von Dir, eines mit Chokolade,

das zweite mit 10 R6 und 10 Khedive. Vielen Dank! Ich erhielt auch diese zwei Medaillons. Du weisst ja, dass ich nicht viel davon halte, aber Dir zuliebe werde ich sie immer bei mir tragen!

Dann noch eine Bitte: Schick’ mir jetzt bitte nicht mehr zuviel, wo unser Bonzo auch sich in die Front der „Aktiven“ einreiht. Und teile in Zukunft alles schön auf! Bekanntlich geht es mir ausgezeichnet und ich fühle mich im Sowjetparadies ganz wohl. Noch einige Tage dauert der Kursus hier und dann geht’s wieder zurück zum Btl.

Vater schrieb mir gestern auch zwei Briefe. Seine Adresse ist die alte geblieben. Die Zurücksendung scheint ein Irrtum gewesen zu sein. Ich habe dem Ollen daher gerade einen ellenlangen Brief geschickt! Weiter bekam ich 4 Zeitschriften von Dir, ausserdem einen Brief von Tante Agnes. Mein Briefverkehr ist zur Zeit geradezu gewaltig. Heute ist mir mein Briefpapier ausgegangen, so dass ich nun schon Schlüsselblocks benutzen muss. Ist aber egal. Hauptsache, es ist ein Brief!

 

[quer:] Nun will ich für heute schliessen. Ich wünsche Dir und Günther alles Gute und sende Euch, den Omas, Tante Uta, Onkel Jupp u. Tante Lina die herzlichsten Grüsse!

Heil und Sieg! Gustav.

 

[quer Vorderseite:] Ich danke Onkel Jupp und Tante Lina für die Zeitschriften! Ich hatte zwar gedacht, nach meinem langen Brief hätten sie mir mal wiedergeschrieben, da habe ich mich aber leider geirrt!! Oma und Tante Uta vielen Dank für Päckchen No. 1.

Ich werde beiden in nächster Zeit einmal wieder schreiben!!