Gustav Roos an Mutter Elisabeth, 26. Juli 1941

Russland, am 26.7.1941

Liebe Mutter!

Mein Brief konnte bisher leider noch nicht weg. Im Schützenloch kennt man nämlich keine Briefkästen. Mit unserem „Walderholungsheim“ war’s Essig. Die Nacht auf gestern war schon bescheidener. Stellungswechsel um 23.00! Loch buddeln. Funken. Wenig Schlaf! Der Tag begann dann mit einer neuerlichen Lochbuddelei, mit Regen und einer dreckigen, nassen Uniform. 10.00 wieder Stellungswechsel! Neues Loch!! Regen, Regen! Am Abend machten wir einen neuerlichen Stellungswechsel. Wieder ein neues Loch! Der Regen hatte aufgehört. Trotzdem aber, es war die Nacht ganz verflucht kalt. Wir waren froh, als es Morgen wurde. Das Wetter blieb launisch: Sonnenschein wurde von Schauern abgelöst. Um 14.00 kam der Befehl: „Ablösen!“ Wir gingen zum Btl.-Gefechtsstand zurück und die Gegenstelle nahm unseren Platz ein. Nun sitzen wir in einem grösseren Dorf. In einem Hause, das bisher wohl einem Sowjetbonzen gehört haben mag, haben wir es uns gemütlich gemacht. Hier möchte ich den Rest meiner 2 Jahre bleiben!!

Die letzten Tage hatten eine ganz gute Seite: Wir haben immer 2 x Verpflegung empfangen, einmal vom Stab und dazu noch von der Kmp., bei der wir waren. Heute abend habe ich mich verfressen! Zuerst ass ich mal Mengen Brot, mit

Mengen Schmalz und Leberwurst. Da war ich satt. Eine halbe Std. später gab die Küche Schweinegoulasch heraus. Ein halbes Kochgeschirr voll quetschte ich mir mit einer Schnitte Brot herein. Es schmeckte zu gut!! Als ich aufgehört hatte, kam einer vom Stab und brachte einen Eimer heisser Milch. Davon noch gut einen Liter! Ich fühle mich wie aufgepumpt. Nein, heute abend war’s des Guten zuviel!

Als ich hier heute ankam, fand ich Deinen Brief vom 9.7. vor und ein Päckchen mit 200 g Zitronenpulver und 11 Zigaretten. Ich habe mich über den Brief sehr gefreut und es hat mich beruhigt, dass Du nun weisst, dass es mir gut geht. Schreibt mir bitte alle beide, sooft es geht und schickt mir bitte, bitte Zigaretten!! Blättchen und einem Mutz!!!! Mit dem Rauchen ist es nämlich ganz bescheiden. Als wir in Polen lagen sagten wir immer, wenn es nur 3 1/3 Zigaretten gab: „Na, bald geniessen wir ja Papyrossi in Mengen!“ Denkste! Diese Dinger sind erstens rarer als in Deutschland zur Zeit eine Attikah und zweitens, so miserabel, dass eine franz. „Poilu“ ein Hochgenuss dagegen ist. Der Russe dreht sich seine „Papyrossi“ selbst. Er benutzt dazu ein undefinierbares Kräutergemisch und Zeitungspapier. Russland!! Russland!! Hür mr op met

Russland. Ich wollte immer einmal nach Russland, wenn auch nicht so. Heute kann ich nur sagen: Unsere Presse hat nicht übertrieben!!! Alle Kommunisten müssten hier mit sein! Sie wären kuriert! Bauer und Arbeiter ausgesogen und im Elend! Hier erkennst Du auch, was Hitler dagegen geleistet hat und was wir ihm zu danken haben!!

So, allmählich muss ich schliessen, ich schreibe ja ganze Romane zusammen!

Alles Gute und die herzlichsten Grüsse Dir, Jünni, den Omas und allen andern!

Heil und Sieg!

Gustav.

Wenn man Dir keine geben will, schick Günther mit einem M.G. vor!! Oder einbrechen lassen. Spann’ sämtliche Ver- und Bekannten ein! Zigaretten! Zigaretten! Schickt Zigarettenpapier!! Tabak ist ab und zu noch zu haben! Lasst mich nicht im Stich. Unsere Löhnung haben wir heute auch bekommen, vom 20.6. an. 59,- Rm!! Eine ganz nette Summe! Leider kann ich nichts, aber auch garnichts damit anfangen. Na, ich komme ja mal nach Brühl!!

Mit dieser Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen will ich schliessen!

Alles Gute und die herzlichsten Grüsse Dir Günther und den Omas!

Heil und Sieg!
Gustav.