Toni und Elisabeth Roos an Sohn Gustav, 9. Juli 1939

Brühl den 9. Juli 39.

Mein lieber Gustav haben Dich vergebens in Brühl erwartet. Deine Jammerbriefe hat Mutter mir geschickt und sei in Zukunft so liebenswürdig und beiß auf die Zähne, auch diese Zeit geht vorüber und wenn Du die Scheiße hinter dir hast, denkst du ganz anders darüber, im übrigen kannst du ja auch heute schon denken was du willst. Wenn du etwas notwendig hast, sprich bei mir bitte nicht durch die Blume, sondern bitte kern deutsch, werde alsdann schicken was du brauchst. Wie geht es denn sonst? Gesund? Wut im Bauch? Ausgeschissen und erledigt. Punkt. Wir brauchen heute harte Menschen und keine Heulköpfe. Humor nie verlieren. Mir geht es manchmal auch nicht besser, denke immer wie Goldschmiedsohn bezw. Götz von Berlichingen. Also mein lieber Gustav auf die ganze Gesellschaft geschissen und Kopf hoch
Mit Gruß u. Heil Hitler!
nun erst recht!
Vater

Mein lieber Gustav!

Nun ist Vater heute morgen auch schon wieder abgefahren, und wir sind wieder allein. Soeben kam auch dein Brief an, hast also die Woche auch mal wieder überstanden, wir haben die Tage viel an dich gedacht, wo mag Gustav wohl jetzt sein, was mag er wohl jetzt tun. Am liebsten hätten wir dich ja auch hier gehabt. Vater hat dir ja gute Ermahnungen gegeben, er hat da wohl an seine Militärzeit zurückgedacht, wie schwer er es gehabt hat. Aber nichts für ungut, die Zeit geht vorüber, in 2 Monaten hast du sie überstanden, wenn jetzt die Besichtigung vorüber ist, werdet ihr es wohl besser haben. Von den andern war gestern so viel ich weiß auch niemand in Urlaub, da sind diese Woche auch Besichtigungen. Hoffentlich klappt bei euch alles, damit ihr auch mal wieder in Urlaub kommt. Du tust mir aber in dem Brief unrecht wenn du schreibst ich würde dir nicht genug schreiben, ich habe dir doch jede Woche ein Paket

geschickt, und daß ich Ende der Woche nicht mehr geschrieben habe kam daher daß ich immer hoffte du würdest kommen, aber 3 x bin ich enttäucht worden. Nächsten Samstag können sie uns nicht mehr enttäuschen wenn du nicht nach hier kommst komme ich nach dort. Ich habe mit Vater überlegt, er kommt nächsten Sonntag ja nicht, bis den darauffolgenden Sonntag, Günter macht Sonntag mit dem Turnverein eine Tour mit dem Schiff von Bonn bis Coblenz, ich wäre also Sonntag mutterselenallein und daß auf Kirmes, aber an der Kirmes liegt mir nichts. Wenn du aber wieder nicht bestimmt weiß ob du Samstag Urlaub bekommst, dann komme ich Sonntag, ich komme dann wieder wie sonst, morgens gegen 10-10 ½ Uhr bin ich bei dir. Nun pass mal auf, bis Freitag muß ich nun Bescheid haben ob du kommst, oder ob ich kommen soll, es ist wegen dem Einkauf, wenn du kommst muß ich anders einkaufen als wenn Sonntag niemand hier ist. Ich möchte doch auch gerne backen, also schreibe mir bitte daß ich bis Freitag nachmittag Bescheid habe, denn Fleisch ist auch sehr knapp und muß ich Freitag bestellen. Also mein lieber Gustav, Kopf hoch, wir beide sehen uns Sonntag wieder, wenn nicht in Brühl dann in Much, und werden uns einen schönen Sonntag machen, daran kann auch der Feldmeister nichts ändern. Vater hat mir versprochen das Gehalt Freitag abzuschicken daß ich es Samstag habe, also haben wir dann auch Geld was ja die Hauptsache ist, denn diese Woche bin ich knapp, ich habe allerhand eingemacht. Vater hat mir 2 M gegeben die ich dir beilege und 2 M von der dicken Oma. Vater hofft dich nun Sonntag in acht Tagen wiederzusehen. Also, lieber Gustav, diese Woche geht schnell um, und dann gehts für dich „auf nach Brühl“, oder für mich „auf nach Much“.
Ich freue mich, auf Wiedersehn, Bubichen, grüßt u. küsst dich herzlich deine Mutter

 

[Seite 1 – quer:] Wenn du wegen des Urlaubs im Zweifel bist, sie möchten die Scheine wieder zerreissen dann komme ich. Aber bitte die schmutzige Wäsche fertig machen, das sind deine letzten Strümpfe. Hast du das 2. Paket mit Inhalt Hosenträger u. s. w. nicht bekommen. Du schreibst nichts davon.

Das Paket ist etwas knapper, dafür gibts am Sonntag mehr zu essen.