Toni Roos an seine Frau Elisabeth, 27. Juni 1940

27.6.40

Liebes Lieschen! Anbei überreiche ich Dir den Krankenschein für den Knaben Günther. Hast Du mal wieder 20- Rm verdient. Habe heute erst die Entscheidung der Kasse bekommen. Sonst geht es mir noch sehr gut. Haben gestern Nacht Fliegeralarm gehabt, hat 5 Minuten gedauert waren gerade im Keller als abgepfiffen wurde.

Bezüglich einer eventl. Versetzung nach Belgien ist heute der Entscheid gekommen. Der Sitz der Verwaltung bleibt Trier. Die Inteligens bleibt hier nur der Schrott kommt dorthin. Ob dies nun für uns andere heute oder morgen noch kommt weiß man nicht fest steht aber, daß ich vor 6 Monaten nicht dahin komme, denn ich habe nun hier den wichtigsten Posten, nämlich Tarif in Vertragsberatung der Unternehmer als auch der gesamten Rechnungsprüfer. Keuters (genannt Nikodemus) ist wegen fortgesetzter Trunksucht fristlos entlassen und in das „Erziehungslager“ Hinze gesteckt worden. Die Wiesbadener Revision hat bei mir als einzigem keine einzige Beanstandung festgestellt. Wir leben hier z. Zt. sehr solide zumal es auf Ultimo angeht. Was gibt es sonst in Brühl? Hier kommen schon

seit 2 Tagen nur Truppen aus Frankreich durch zur Hauptsache mit Beutestücken. Man kann diesen Transporten stundenlang zusehen, sind es keine Geschütze so sind es Lastwagen beladen mit den herrlichsten Sachen. Die Soldaten sitzen in den mit Laub geschmückten Wagen wie die Bauern beim Erntedankfest, franz. u. engl. Stahlhelme dienen als Zierde von Kühler u. Kotflügel. Ein Wagen hatte Gierlanden daraus gemacht und Blumen darein gepflanzt. Wo ein Wagen hält stehen die Pimpfe zu 100 darum und versuchen die Helme zu organisieren, es ist oft zum krank lachen.

Sende mir bitte die Kleiderkarte zu ich muß sie haben. Sonst bleibt es bei meinem Besuch am 12. Juli, dann wollen wir noch mal leben wie in Frieden. Schöne Sachen habe ich ergattert, auch noch etwas Kaffe.

Also mit vielen Grüßen an dich Günther u. Anna.

Mit Heil Hitler!
Tony.