Toni Roos an seine Frau Elisabeth, 20. Juni 1941
Zakopane den 20. Juni 1941.
Liebes Lieschen!
Dein Brief, sowie die mir von Gustav zugestellten 3 Briefe habe ich heute erhalten. Den Beschreibungen von Gustav zufolge liegt er an den Rokitnow Sümpfen an der Ostseite des Gouvernements. Das die Tommys wie du schreibst in Köln gehaust haben war uns schon bekannt, aber auch am Kanal entwickeln die Burschen in letzter Zeit eine rege Tätigkeit. Seit zwei Tagen haben wir hier schönes Wetter und machen wir uns das Leben so bequem wie eben möglich. In den nächsten Tagen wollen wir noch, bevor es von hier weggeht einige Touren in die Umgebung von Zakopane machen. Gustav habe ich nun von hier aus schon 3 Briefe darunter einen mit Inhalt geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten. Die Schreiben von ihm die du mir zugestellt hast, sind alle schon ziemlich alt. Wie ich dir schon mitteilte haben wir wieder einen Umzug innerhalb von Zakopane vorgenommen und wohnen nun in der scheissvornehmen Villa zu den Spitzen in der Heimatstrasse. Bitte entsprechend vormerken und auch Gustav mitteilen. Zudem sollen wir in den nächsten Tagen eine Feldpostnummer erhalten. Wenn ich dieselbe heute noch erhalte teile ich sie dir am Schluss dieses Briefes mit. Wir liegen zu 12 Mann in der neuen Villa jeder sein Zimmer mit Balkon, Liegestuhl, Fliesswasser kalt und warm Divan und Klubsessel. Das Haus liegt auf einem kleinen Hügel sodass man einen Blick über die ganze Stadt und von der Westseite aus wo mein Zimmer liegt zu den Bergen hat. Ein Badezimmer sowie ein Brauseraum ist auf jeder Etage. Zur Bedienung haben wir für 12 Mann eine Köchin eine Ordonanz 2 Küchen- und 2 Zimmermädchen. Mit einem Worte gesagt rotzvohrnehm. Ich wohne mit Müller auf der ersten Etage. Parterre befinden sich Speisezimmer mit Balkon in ganzer Breite, Lesezimmer, Spielzimmer, und Schreibzimmer. Küche und Personalschlaf und Wohnräume sind im Souterain. Das polnische Personal küsst einem bei jedem Scheissdreck die Hand. Bin im Augenblick dabei ihnen das abzugewöhnen. Wie du weisst kann ich nicht vertragen wenn mir ein Hund mit der Nase an die Hände kommt. Für ein Brot bekommst du hier alles was du willst. Eine Frau ein Brot. Zustände herrschen hier wie in Polen. Sonntags rennt alles in die Kirche, kommunizieren und nach der Messe lassen sie sich mit ins Bett nehmen. Kollegen von mir haben es erlebt, dass die Mädchen vorher noch gebetet haben. Es besteht die Möglichkeit, dass es in den nächsten Tagen von hier weg geht, wohin und unter welchen Umständen steht noch nicht fest, alles ist der Meinung es ginge nach Russland, ich kann es nicht glauben und bin nach wie vor der Ansicht dass es sich in diesem Falle um den grössten Bluff der Weltgeschichte handelt und die Tour genau zurück an den Kanal geht und dann nach England. Ich mag mich täuschen, aber ich kann mir nicht helfen anders zu denken. Zudem habe ich einen neuen Wagen, das ganze Gemüse, die Fahrer
Hammel, Sauer, etc haben wir an die Luft gesetzt. Ich war den Zinnober nun mal entlich leid. Hier herrschen zudem militärische Angewohnheiten Grusspflicht, Knochenzusammennehmen, Hände an die Hosennaht, Rühren Weitermachen. Vor allen von uns belegten Gebäuden stehen Posten bei Gewehr, Stahlhelm auf. Wenn ich in ein Haus komme oder es verlasse reisst der Postn die Knochen zusammen. Die erste Zeit haben die Kerle mich ein paarmal ordentlich erschreckt. Arbeit habe ich bis heute überhaupt noch keine, da diese Tätigkeit erst losgeht wenn es losgeht. Vorläufig vertrete ich Müller eins unseren Oberverwaltungsführer, wenn er nicht hier ist und dann ist es auch ziemlich überflüssig, weil dann niemand da ist. Also wie du siehst paradiesische Zustände. Die Volksdeutsche hier sind in der Mehrheit, aber sie sprechen ein Daitsch guttes, dass sich tuen Ohrren weh wie viel. War gestern einmal aus und habe acht ½ Liter Franziskaner getrunken, das Glass für 55 Pfg. war tatsächlich eine Erholung, dabei mit Konzert und zwar einer sehr guten Kapelle. Es war im deutschen Offizierheim, in polnischen Lokalen bezahlt man das doppelte dafür.
Ich will schliessen, schreibe mir mal recht bald, besonders interessiert es und wenn in Köln Fliegerangriff war, da wir zu verschiedenen Kölner hier sind, kannst in diesen Fällen auch schreiben, wenn kein Brief von mir zu beantworten ist, oder musst du soviel arbeiten?
Also mit Gruss und alles Gute auch an gondikar und die Ohma
Tony.
21/6.41.
Heute war Dr. Todt hier, da sind wir aus unserer herrlichen Villa herausgeflogen und wohne ich u. Müller I bei Eigen genau wie in Wimereux. In den nächsten Tagen geht es weiter. Rußland ist mit uns in Kampfhandlungen. Wir stoßen hinter der kämpfenden Truppe in Raum zwischen Lemberg u. Kolomye vor. Bin mal gespannt wo wir noch landen. Da Feldpostsperre schreibe ich über einen Kurier der den Brief mitnimmt.
Sonst alles in bester Butter. Bald geht es los morgen oder übermorgen. Heute erster Verdunklungstag.
Also alles Gute mit Gruß u. Heil Hitler,
Tony
Achtung. Feldpost No. 41657/VW
andere Adressen ungültig
Gustav mitteilen
Werde wahrscheinlich Zivilanzug 1 Paar Schuhe u. sonstiges zurückschicken über Fa. Eigen, welches es mit Curierpost in Deutschland aufgibt.
Übermorgen geht es weiter nach Jaroslaw
aus Mitteilungen von höchster Stelle geht der Russe schnell zurück. Wenn einige Zeit keine Post kommt bitte keine Aufregung, denn wir sind im Vormarsch u. es besteht Feldpostsperre. Kann nunmehr nur noch über Feldpost schreiben.