Elisabeth Roos an Sohn Gustav, 23. April 1940
Brühl, den 23.4.40.
Lieber Gustav!
Habe deinen Brief dankend erhalten. Hoffentlich hast du meinen Brief mit dem Anmeldeschein auch inzwischen erhalten. Wie ich aus deinem Briefe ersehe, scheint es dir in Hanover ja ganz gut zu gefallen. Die Zimmer, die du mir aufgezeichnet hast scheinen ja auch ganz gemütlich zu sein, und wenn du Dich mit Scheuble verstehst, wäre die Sache ja in Ordnung. Was nun jetzt die Essensfrage anbelangt meine ich nun, daß es nichts wäre mit dem Essen für 50 Pf, geh doch lieber in der Pension für 90 Pf essen, denn, wenn du morgens und abends Butterbrote isst mußt du doch mittags ein ordentliches Essen haben. Du hast doch jetzt auch deine Marken und kannst doch immerhin 3-5 x in der Woche Fleisch essen. Und mit dem Geld wirst du doch auskommen. 25 M das Zimmer, und Essen 30x 90 Pf ist 27 M, zusammen 52 Rm. Wenn ich dir jetzt am 1. Mai 100 M. schicke fürs Zimmer mit Essen 52 M. dann bleiben dir noch 48 M. für morgens und abends zum essen, und deine Nebenauslagen wie Bier, Cigaretten etc. Versuche mal damit auszukommen, wenn es nun nicht geht so spreche ich mal mit Vater darüber, vielleicht kann er noch was zusetzen wenn er mehr bekommen soll, was ich ja noch nicht weiß. Aber zieh es dir nicht am Essen ab, einmal am Tage muß man ein kräftiges Essen haben. Also schreibe mir mal was du hierüber denkst. Dann schreibe mir auch ob ich das Geld an deine Adresse schicken soll, werde es dann Montag den 29.4. von hier abschicken, und wirst du es Dienstag oder Mittwoch haben. Kannst du von dem Geld was du hast noch Imatrikulation und Schuldgeld bezahlen? Ich hoffe ja. Das Geld was du für das Stunden-
geld haben mußt schicke ich dir dann extra, du mußt nur aufschreiben wieviel es ausmacht und bis zu welchem Termin es bezahlt werden muß, ob auch in Raten. Wenn du sonst noch etwas nötig hast muß du schreiben. Gestern war ich in Köln und habe dir ein neues Hemd gekauft, dann kaufe ich dir noch ein paar Socken und schicke dir dann alles zusammen. Ich hoffe daß der Anzug bis Ende der Woche auch fertig ist, auch das Brett schicke ich mit. Wie ich gestern hörte geben es hier auch kaum Cigaretten, aber ich habe noch ein paar Döschen die ich dir mitschicke. Vater schrieb mir das er dir auch etwas Cigaretten schicken wollte. Aber übertreibe die Kunst nicht. Vater wird wohl auch vor Pfingsten nicht mehr kommen können, wie er mir gestern schrieb. Hast du auch Vater geschrieben? und von ihm etwas gehört? Dann noch eins, wie gefällt dir nun dein Studium? hast ja nicht zu viel Stunden und noch manche Freizeit. Wie schlägst du nun deine Freizeit tot, arbeitest du dann auch? ich will es doch hoffen, sehen kann ich ja nicht mehr was du machst, und dir dann gute Ermahnungen geben. Günter ist ganz betrübt, das Schwimmbad soll in diesem Jahre nicht aufgemacht werden, weil kein Luftschutzkeller da ist. Du wirst ja Gelegenheit genug haben, Günter beneidet dich schon. Sonst ist hier noch alles beim alten. Gesundheitlich geht es uns gut was wir auch von dir hoffen. Wir haben hier das herrlichste Frühlingswetter, ihr doch sicher auch? Den Brief schicke ich Vater mit da ich ihm ja auch schreiben muß, dann hat er deinen Stundenplan auch. Schreibe du ihm aber auch, und hoffentlich hören wir auch wieder bald etwas von dir.
Also, bis dahin, herzliche Grüße u. Küsse Mutter.
Denk auch daran dir unter deinen Wochentagsschuhe Gummisohlen machen zu lassen, warte nicht bis sie durch sind denn es gibt kein Leder mehr.