Elisabeth Roos an Ehemann Toni, 15. September 1940

Brühl, den 15.9.40.

Lieber Tony!

Erhielten Donnerstag morgen deinen Brief in welchem du uns mitteilst daß das Paket mit dem Anzug unterwegs wäre, leider konnte nun Gustav nicht mehr darauf warten da Freitag der letzte Termin zur Einschreibung war, und sie alle zusammen Donnerstag mittag abfuhren, so mußte er denn ohne den neuen Anzug abdampfen, aber er hatte auch zwei Koffer bis oben voll, und muß ich ihm so wie so noch verschiedene Sachen nachschicken, dann geht es in einem. Freitag kam dann das Paket mit dem Anzug an, Günther hat ihn sofort anprobiert und passt er ihm tadellos, so wird er auch Gustav passen. Er ist sehr schön, deiner Mutter gefällt er auch gut, ich habe ihn ihr eben gezeigt, sie sagte auch daß er Günter tadellos passt, und so wird er auch wohl Gustav passen. Gleichzeitig mit dem Anzug Paket 16 habe ich auch die andern Sachen erhalten wie weiß Wolle, graue Futterseide 2 Tafeln Chokolade, Cigarren Drops Bouillonwürfel für Günther, die Cigarren werde ich Gustav mit nach Hannover schicken. Hat er dir schon geschrieben? ich habe bis jetzt noch nichts von ihm erhalten, er wird ja auch die ersten Tage viel Lauferei haben. Er hat alles mitgenommen was du für ihn geschickt hast, Schuhe, Hemden, Schals, Schlipsen, den blauen Poullover und den weißen, er meinte für Brühl wäre der weiße Poullover nichts, ist ja auch meine Meinung, na, laß ihn mal, er war auf jeden Fall stolz wie ein Spanier, nun fehlt ihm noch Regenmantel, Hut und ein paar Handschuhe, daß soll ich dir schreiben, ich habe ihm gesagt, schreibe es Vater selbst, vielleicht wird er es dir von Hannover schreiben. Wenn er dann in Kluft ist wird er wohl eingezogen, denn der Jahrgang 1920 hat bereits den Gestellungsbefehl bekommen, und müßen die Anfang

Oktober weg, ganz gleich ob sie im Studium sind oder nicht, auch der schlaue Siegberg. Jahrgang 1921 hat jetzt den Gestellungsbefehl für den Reichsarbeitsdienst bekommen, und daran anschließend kommt die Militärzeit, also wird Gustav wohl noch Zeit haben bis zum Frühjahr, wer weiß was dann ist. Hoffentlich ist bis dahin der Krieg zu Ende wenn es mit England so weiter geht, wie ist es denn jetzt am Kanal? du wirst ja sehr viel zu sehen bekommen, aber ist es nicht auch sehr gefährlich dort? Wir bleiben jetzt von den feindl. Flugzeugen ziemlich verschont, in den letzten acht Tagen hatten wir 1 x Fliegeralarm, aber wir gehen jetzt bei Alarm sofort in den Keller, denn es ist zu gefährlich in der Wohnung zu bleiben, denn die werfen ihre Bomben ab wo es ihnen grade gefällt am liebsten auf Wohnviertel. Schreibe du mir mal wie es bei euch aussieht, geht ihr auch in den Keller. Hoffentlich kommst du bald in Urlaub, ich denke doch diesen Monat noch, jetzt warst du doch schon über 2 Monaten nicht mehr zu Hause. Hast du keine Sehnsucht, oder gefallen dir die Französchen besser? Dann fragst du mich in deinem Briefe ob ich noch ein Wollkleid haben wollte, unbedingt nötig ist es nicht, ich habe ja jetzt den schönen Stoff bekommen und will mir das mal zuerst machen lassen. Ich will nun schließen und zu Bett gehen, Günther liegt schon drin, denn morgen fängt die Schule wieder an, hoffentlich bekomme ich morgen einen Brief von dir, und sei recht herzlich gegrüßt und geküsst
Lieschen

Da ich gestern abend den Brief nicht mehr in den Kasten werfen konnte weil es schon zu spät war, so will ich dir noch etwas schreiben. Also Post habe ich heute von dir keine bekommen, hoffe also auf morgen, heute morgen kam aber ein Paket an mit schmutziger Wäsche, schöne neue Sachen, dann Büchsenmilch und Kaffee. Vielen Dank, haben uns einen guten aufgeschüttet mit Büchsenmilch. Dann noch eins, du hattest mir doch vor 14 Tagen, als du den Mantelstoff gekauft hast geschrieben ich sollte 100 Rm

an Herrn Dipl.ing. Offermann in Fa. Eigen Trier senden, das habe ich dann auch getan, nun kam am Freitag das Geld zurück mit dem Vermerk, Annahme verweigert, was soll das nun bedeuten, schreibe mir hierüber mal. Dein Gehalt ist heute auch noch nicht angekommen, wir haben doch schon den 16. woran liegt das, hoffe daß es morgen kommt, ich bin nähmlich abgebrannt, hatte Gustav noch 80 Rm mitgegeben, dann auch hier noch allerhand für ihn ausgegeben, Mantel reinigen lassen, Anzug ausbessern, Schuhe sohlen 12 M Schulden bezahlt u. s. w. Die 12 M hatte er sich bei Schommers geliehen als er damals in die Ernte fuhr, Schommers sollte sich das Geld bei mir wiederholen, das hatte er nun nicht getan, und so hat Gustav es wiedergegeben als er jetzt zurückkam. Sonst hatte er doch keine Schulden. Also ich will schließen damit der Brief noch wegkommt, nochmals herzliche Grüße und Küsse
Lieschen.

Hoffentlich kommst du bald mal nach Hause.

Lieber Vater!
Sende Dir die besten Grüße aus Brühl. Heute hat die Schule wieder angefangen. Wie ich mich freue!!! Im übrigen noch 2 Wünsche. Schicke mir noch bitte einen Strang weiße Wolle, damit Mutter mir einen Skipullover stricken kann, und dann als 2. siehe bitte einmal nach ob du vielleicht einen Fotoapparat organisieren kannst. Ich muß jetzt aufhören denn der Brief soll jetzt noch weg. Also viele Grüße und Küsse.
Heil Hitler!
Günther.

Mutter ist schon wieder aufgeregt und hat das „Arme Dier“ denn das Geld!!! ist noch nicht angekommen.