Elisabeth Roos an Sohn Günther, 16. März 1943

Brühl, den 16.3.43

Mein lieber Günther!

Habe heute deinen langen Brief vom 12.3. dankend erhalten. Inzwischen wirst du wohl auch mein Paket welches ich Donnerstag aufgegeben habe erhalten haben. Es waren 2 paar Socken, Taschentücher und etwas zu essen, auch ein verunglückter Kuchen, aber ich hoffe daß er dir doch geschmeckt hat. Ich hätte dir gerne einen neuen gebacken, aber die Zutaten sind zu knapp. Morgen habe ich große Wäsche, dann wasche ich dir deine Wäsche mit die du im letzten Paket geschickt hast, und schicke dir das Paket wieder dringend, so daß du es diese Woche noch bekommst. Heute habe ich dir wieder 20 Rm geschickt. Ich weiß ja daß du mit deiner Löhnung nicht auskommen kannst, und habe dir ja auch schon immer Geld geschickt, aber es wäre mir doch lieb wenn du mir schreiben würdest was ich dir so im Monat schicken soll. Am besten wäre es wohl wenn ich es dir in zwei Raten schicken würde, am ersten und Mitte des Monats, dann gibst du wenigstens nicht zu viel auf einmal aus, und kannst dich dann besser einteilen. Also schreibe mir was ich dir im Monat schicken soll, aber bitte nicht zu hoch sonst muß ich dir abziehen, denn du weißt ja wie sauer dein Vater es verdienen muß. Du schreibst daß du Mittwoch in Hannover warst, wie hat dir denn Hannover gefallen, auch so gut wie sie Gustav gefallen hat? Dann schreibst du daß du abends den Herrn Pastor besucht hast, war das vielleicht Herr Kirsch, dann wird der sich wohl gefreut haben dich auch kennen gelernt zu haben. Und was hat er von Gustav gesagt? Du schreibst nun daß es mit deinem Urlaub Ende des Monats nichts gibt, das ist nun traurig aber wahr. Vater schrieb mir

heute noch, daß er auch, wenn eben möglich, Ende des Monats kommen würde wenn du deinen Urlaub hast. Wenn du nun bis Ostern nicht kommst, und auch Ostern keinen Urlaub bekommst und Vater nicht hier ist so komme ich dich Ostern bestimmt besuchen, ich werde dir dann früh genug schreiben daß du mir ein Zimmer besorgen kannst. Ich bin nun wieder ganz auf der Kurfürstenstr. und schlafe auch wieder hier, aber es ist so einsam hier, was war es doch schön wie du noch bei mir warst. Ich sitze nun oft wieder abends allein, und denke an euch, und vor allem an meinen armen Gustav, bekäme ich doch noch einmal ein Lebenszeichen von ihm. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf daß er noch lebt und wiederkommen wird. Wir machen jetzt hier auch eine schwere Zeit mit, denn fast jede Nacht kommt der Tommy, und was der alles abwirft ist furchtbar, da kommt man wirklich ans zittern. Vater war ja gerade hier als der zweite Terrorangriff auf Köln war, er wird dir wohl auch davon erzählt haben. Jetzt sind die Vororte Klettenberg-Sülz ein Trümmerhaufen. Am schlimmsten muß es ja in Essen sein, wie man hört noch schlimmer als in Köln, dort ist ja auch Belagerungszustand. Wenn der Tommy so weiter macht wirft er noch das ganze Rheinland kaputt. Ich lege dir nun doch einige Marken bei damit du mal was essen kannst, viel ist es ja nicht, aber du weißt ja auch daß ich von einer Karte nicht viel erübrigen kann. Hast du dich von deinen Magenschmerzen wieder ganz erholt, ich hoffe ja. Heute sprach ich mit Herrn Roscheda, am Montag machen die andern ihr Abitur. Steinbach und Reifferscheid sind schon seit Januar fort, also ist nun der Jahrgang 25 noch da, und die kommen jetzt auch fort. Sonst ist hier noch alles beim alten, aber die Stimmung ist sehr gedrückt durch die häufigen schweren Angriffen des Tommy. Aber hoffen wir daß wir verschont werden, denn wir haben ja schon genug Leid. Ich will nun schließen, und hoffe bald wieder auf einen Brief von dir. Alles Gute und herzliche Grüße und Küsse
Mutter.