Gustav Roos an Vater Toni, 17. Oktober 1939
Detmold, den 17.10.1939
Lieber Vater!
Deinen Brief und damit die 15 RM habe ich dankend erhalten. Wie ich mich darüber gefreut habe brauche ich Dir ja nicht zu sagen. Ich werde so vorsichtig wie möglich damit sein. Aber ausgeben muss man trotzdem etwas. Ich rauche. Jeden Abend trinke ich in der Kantine ein Bier oder eine Flasche Wasser. Dann habe ich mir diese Woche schon 2 Dosen Wichse gekauft. Ausserdem 3 Kleiderbügel. Ein paar Handschuhe zum Ausgehanzug einen Zeichenblock, Bleistift und Radiergummi. Abends rausgehen tue ich nur selten. Vorigen Mittwoch war ich im Café. Tanzmusik! Ganz gross! Samstag desgleichen. Sonntag nachmittag war ich im Kino, in „Es war eine rauschende Ballnacht“ mit Zarah Leander. Der Film war tadellos. Anschliessend habe ich eine Tasse Kaffee getrunken und Kuchen gegessen. Um 5 war ich in der Kaserne und habe Drillanzug gewaschen u. s. w. und Mutter geschrieben.
Detmold hat keine 20000 Einwohner. Aber was hier los ist. Theater, Kinos, Cafés eins neben dem andern mit eignen Kapellen, Hotels, Tanzlokale. Und ein Betrieb. Uns bietet man auch ziemlich viel. Jede Woche ein oder 2 kostenlose Filmvorstellungen, alle 14 Tage ermässig [...]
Mittwoch gehen wir in Frau Luna. Das Essen ist ausgezeichnet. So ein Essen habe ich in dem ganzen halben Jahr noch nicht bekommen. Heute z. B. Mittags: Deutsch’ Beafsteak mit Kappes. Nachtisch: Äpfel. Abends: 1/8 gute Butter mit ¼ Leberwurst und Weintrauben. Und das schmeckt hier alles, bald wie zu Hause. Dann noch etwas: Ich kann Dir mitteilen, dass ich Funker geworden bin. Günstig nicht? Der Dienst ist ganz ruhig.
Triezerei, wie im R.A.D. gibt’s hier nicht. Alles ruhig und sachlich. Die Führer sind ausgezeichnet. Ich habe ab heute die Ehre, bei meinem Unteroffizier Bursche zu sein. Auch kein Fehler! Also alles i. O.!!
Um dann auf die hübschen Mädchen zu kommen. Gibt es zwar auch sehr viele. Aber es ist gefährlich. Bei dem Militär das hier liegt, kein Wunder. Und das ich mir keinen Schnupfen hole, kannst Du Dir ja denken. Also, unbesorgt!
Zum Herrmannsdenkmal bin ich noch nicht gekommen. Vorm Fuss des Berges habe ich schon gestanden. Als ich aber rauf sah – diese Höhe!!! Ich bin wieder umgegangen und habe die Besteigung auf einen
späteren Zeitpunkt verschoben. Morgen machen wir einen Ausmarsch zu den Externsteinen. 8 km. Hin und zurück mit kleinen Umwegen zusammen 22 km. Also schon ganz nett!
Dann noch eine grosse Bitte:
Komm’ bitte Freitag oder Samstag wenn es möglich ist auf jeden Fall nach Brühl. Ich reiche Urlaub ein. Die andern haben schon alle vorigen Sonntag gehabt. Ich habe gewartet, weil ich es Dir damals nicht mehr mitteilen konnte. Hoffentlich kannst Du! Ich werde wahrscheinlich schon Freitag Nacht kommen. Also. –
die herzlichsten Grüsse
und Heil-Hitler!