Gustav Roos an Mutter Elisabeth und Bruder Günther, 16. Februar 1940
Freitag, den 16. Februar 1940
Lieber Mutter!
Lieber Günther!
Nun bin ich also in Trier. Die Sehenswürdigkeiten, wie Gertrud, Knöchelchen, Mariechen, Sowasliebes, habe ich schon hinter mir. Jetzt fehlt nur noch der Dom, die Pauluskirche, Matheuskirche, Steipe, Schloss, Basilika; Aber es ist so kalt. – Und darum hoffe ich noch immer, darauf dass sie sich vielleicht mir vorstellen. Hier liegt über einen m. Schnee. Die Mosel führt Treibeis. Und eine gerade zu phantastische Kälte.
Was ich hier tue? Ganz einfach! Ich schlafe bei Schu. Vorzügliche Bedienung! 8-10 Mädchen springen um mich herum. Um 10.00 geruhte ich wach zu werden.
Dann Schihose an und dann hinauf zur Mariensäule. Herr Hardt hat mir seine Schier gepumpt. Und dann versuche ich einen herrlichen abwärts Slalom zu machen bis zur Kaplonchesfabrik. Dann wieder herauf und von neuem. Um 12.30 ziehe ich mich dann um und gehe zum Moselländchen Essen. Anschliessend mache ich einen Bummel durch Trier. Abends bin ich bis 6.00 in Tanzkaffées, wie „Mikado“, „Marabu“, „Astoria“. 18.30 gehn wir dann zusammen essen. Vorgestern haben wir im „Deichselhirsch Pferdefleisch gegessen. Vater sagt, es wäre das „trojanische Pferd“ gewesen. Ich glaube aber es war noch älter. Die Reste habe ich noch zwischen den Zähnen.
Vater geht dann wieder arbeiten bis zehn und ich lese. So geht der Tag vorüber.
Gestern abend war ich im Varieté
in der Treveris. Der Conférencier hatte sich zum Ziel gemacht, die ältesten Witze zu erzählen. Und das Komische daran war: die Trierer lachten. Den Tänzerinnen war es sehr warm. Deshalb hatten sie auch so wenig an. Manche Mädchen auf der Bühne schienen Angst zu haben vor den vielen Zuschauern. Dann fingen sie an zu schreien. In der Pause bin ich laufen gegangen.
Onkel Berndsen schwärmt für das schöne Winterwetter. Deshalb ist er krank.
Schlafen kann ich auch ausgezeichnet; Vater sorgt nämlich dafür, dass ich immer die nötige Bettschwere habe.
Morgen mache ich eine Frühstücks- und Inspektionsreise an die Front. Bin mal gespannt.
Herrlich hier!! Keiner sagt: „Gustav, Rauch’ nicht soviel!“ oder „Willst Du schon wieder Geld, du Schrippjeh, du Luojois!“ oder „Läufst Du schon wieder?“ oder „Gustav, es ist kalt! Zieh’ Hampelmännchen an!“ oder „Wieviel Bier hast Du wieder getrunken?“ oder „Ooooch, ich bin sooo – müd’, lassmer in et Bett jon!“ und deshalb will ich schliessen!
Es grüsst Euch
aus der alten Kultur-, Schloss-
Garten- und Kaiserstadt
Trier
mit Weib, Wein und Gesang
Euer Sohn und Bruder
Gustav
gen. Macky.
Viele Grüsse auch von „alten Herrn“.
Päng!!